Verein für Haftentlassene:Der schwierige Weg zurück ins Leben

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Wie eine Wiedergeburt: Nach seiner Haftentlassung hat Thomas Jakob Renner einen Beratungsverein für Gefängnis-Insassen gegründet.

Janek Schmidt

Das schlimmste an seiner Zeit im Gefängnis war für Thomas Jakob Renner das Gefühl der Ohnmacht. "Ich war völlig verunsichert", sagt der 38-Jährige. "Im Gefängnis haben alle dein Leben in der Hand nur nicht du."

Thomas Jakob Renner hat den Verein Subsidium gegründet. (Foto: Foto: Robert Haas)

Fünf Monate nach seiner Entlassung ist Renners Erinnerung an die Unsicherheit noch immer so stark, dass er etwas dagegen unternommen hat. Dabei geht es ihm weniger darum, seine eigene Situation zu verbessern. Er hat nach seiner Haft eine Therapie im Krankenhaus Haar gemacht und fühlt sich wieder frei. Doch nun möchte er anderen Insassen helfen und hat dafür den Verein Subsidium gegründet.

"Ich weiß selbst, wie schwer es ist, sich aus dem Gefängnis heraus um seine Zukunft zu kümmern", sagt Renner, der wegen Betrugs und wiederholter Trunkenheit am Steuer zweieinhalb Jahre in Haft saß und nun im Vertrieb einer Telekommunikationsfirma arbeitet. "Man hat als Häftling einen schlechten Ruf und meistens keine Kontakte in die Arbeitswelt." Diese Verbindung versucht Subsidium zu schaffen.

Wie zum Beispiel im Fall von Bernd Kreuzer, dessen Namen in Wirklichkeit anders lautet. Kreuzer war nach seiner Haft in Therapie in einem Münchner Krankenhaus, um nicht in seine Heroin-Abhängigkeit zu rutschen. Seine Suche nach einem Job blieb anfangs erfolglos.

Doch Renner hatte Kontakt zu einer Zeitarbeitsfirma, die Kreuzer an ein Call-Center vermitteln konnte. "Dort arbeitet er jetzt schon seit drei Monaten", sagt Renner, "und damit hat die kritische Phase nach seiner Haft schon mal sehr gut begonnen." Neben Kreuzer hat Subsidium auch drei weiteren entlassenen Häftlingen bei ihrer Suche nach Arbeit geholfen.

Doch die Subsidium-Mitglieder wollen noch mehr erreichen, unter ihnen auch Anwalt Adam Ahmed. Er hat Subsidium mitgegründet und er bemängelt, dass Gefangene viele ihrer Rechte aus Unwissen oder Resignation nicht nutzen.

"Zum Beispiel können Häftlinge 18 Monate vor ihrer Entlassung schon einen Antrag auf Haftlockerung mit Urlaub oder Ausgang stellen", sagt er, "aber viele wissen nicht, dass sie dafür einen Grund angeben müssen, und so ist es für die Gefängnisleitung leicht, den Antrag abzulehnen." Deswegen möchte Subsidium auch Beratungsgespräche in Gefängnissen führen.

Das bayerische Justizministerium sieht dafür keinen großen Bedarf. "Die Gefangenen kennen ihre Rechte und stellen auch fast alle einen Antrag auf Haftlockerung", sagt ein Sprecher. "Wenn ein Antrag abgelehnt wird, dann nicht aus formellen, sondern allenfalls aus Sicherheitsgründen."

So erhielten fast 2000 der 12.000 Häftlinge in Bayern im vergangenen Jahr Freigang und die Gefängnisse erteilten insgesamt 24000 Urlaubsgenehmigungen. Unabhängig von den Statistiken sagt jedoch auch Manfred Drosta vom Landesverband für Gefangenenfürsorge: "Es ist auf alle Fälle eine tolle Sache, wenn jemand in Haft Hilfe bekommt, sowohl soziale als auch rechtliche."

Zwar gibt es schon kirchliche Wohlfahrtsverbände wie die Diakonie oder die Caritas, die soziale Beratung von Häftlingen übernehmen. "Doch ich sehe Subsidium nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung und bin prinzipiell für eine Zusammenarbeit mit dem Verein auch offen", sagt Drosta.

Auf diese Offenheit hofft Ex-Häftling Renner nun auch beim Justizministerium und bei den Leitern der Gefängnisse. Dort möchte er Informationszettel über Subsidium auslegen, damit sich Insassen mit Hilfsgesuchen direkt an den Verein wenden können. "Für mich waren meine Haft und die Therapie wie eine Wiedergeburt, weil ich dank der Hilfen im Rechtssystem so vieles ins Positive wenden konnte", sagt Renner. "Nun hoffe ich, dass ich auch anderen bei so einer Wende helfen kann."

© SZ vom 16.04.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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