Verbaler Fehlgriff des CSU-Fraktionschefs:Empörung über Ungeziefer-Vergleich

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Nach der verbalen Entgleisung von CSU-Fraktionschef Josef Schmid und seiner geforderten "Entlausung" Bayerns von der SPD will Münchens Oberbürgermeister Christian Ude den Ältestenrat des Stadtrats einschalten.

Berthold Neff

Der CSU-Fraktionschef und OB-Kandidat Josef Schmid hat für Empörung bei SPD und Grünen gesorgt, weil er beim Parteitag zur "Entlausung" des bayerischen Löwen - also des Freistaats - von der rot-grünen Rathausmehrheit aufgerufen hat. Die SPD will, dass der Ältestenrat sich in einer Sondersitzung mit Schmid befasst.

Josef Schmid hatte am Samstag in seinem Grußwort zum CSU-Parteitag in den Messehallen der von OB Christian Ude (SPD) geführten rot-grünen Rathausmehrheit vorgeworfen, "wie die Made im Speck der CSU oder wie die Laus in der Mähne des bayerischen Löwen" zu agieren. Deshalb sei es "höchste Zeit, dass wir mit der Entlausung des bayerischen Löwen beginnen".

Erst auf Fragen von Journalisten bemerkte Schmid seinen Fehlgriff. Später entschuldigte er sich, "sofern und soweit sich jemand durch das sprachliche Bild beleidigt oder verletzt fühlt". Ihm sei nicht klar gewesen, dass der Begriff als Ruf nach der Vernichtung des Gegners verstanden oder mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werden könnte.

Unerhörter Vergleiche zwischen Menschen und Tieren

OB Christian Ude sagte am Sonntag auf Anfrage, Schmid habe "seine politischen Mitbewerber mit Ungeziefer gleichgesetzt, das vertilgt werden muss". Selbst ein "unerfahrener und unbekannter Politiker, der unbedingt auch einmal in die Zeitung kommen will, kann nicht erwarten, dass man ihm eine solche Entgleisung durchgehen lässt". Die SPD-Fraktion wird am heutigen Montag dem Vernehmen nach beschließen, dass Schmids Äußerung in einer Sondersitzung des Ältestenrats - voraussichtlich am Donnerstag - erörtert wird.

Der Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker sagte, nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus "sollte eigentlich jedem klar sein, dass man solche Vergleiche zwischen Menschen und Tieren nicht mehr bringen kann". Schmid habe versucht, "den politischen Gegner auf ein entmenschlichtes Niveau zu bringen, was wir gut aus der NS-Zeit kennen". Benker sagte, wenn die CSU sich den Wahlauftakt so vorstelle, "müssen wir noch Schlimmes befürchten".

In einer am Sonntag verschickten Stellungnahme versuchte Schmid, die Wogen der Aufregung zu glätten. Mit den Bildern von der "Made im Speck" und der "Laus in der Mähne des bayerischen Löwen" habe er nur sagen wollen, dass München nicht wegen, sondern trotz Ude und Rot-Grün prosperiere.

Neuer "Tiefstpunkt der politische Moral"

Wichtige Projekte wie die Neutronenquelle in Garching, die Tunnel am Mittleren Ring, der Bau des Flughafens, die Verlagerung der Messe und der Bau der Autobahn-Westspange seien immer mit den Stimmen der CSU und gegen Ude oder Rot-Grün oder Teilen davon durchgesetzt worden.

Danach jedoch hätten sich Ude und Rot-Grün im Glanze dieser Projekte gesonnt. Wenn jemand "ohne eigenen Beitrag sehr gut durch die Leistungen anderer leben" wolle, entspreche dies dem Bild der "Made im Speck" und der "Laus im Pelz" oder der "Laus in der Mähne". Schmid: "Bei meinen inhaltlichen Aussagen bleibe ich."

Vor sechs Jahren war Aribert Wolf, der OB-Kandidat der CSU für die Wahl 2002, über ein Plakat gestolpert, das OB Christian Ude damals als "Tiefstpunkt der politischen Moral" verurteilte.

Darauf anspielend, dass ein Libyer mit Kontakten in die islamistische Terrorszene eine Zeitlang in München Sozialhilfe bezogen hatte, griff Wolf das rot-grün geführte Rathaus auf einem Plakat so an: "Terrorzellen in München. Und die Stadt zahlt die Miete. Schluss mit dem städtischen Schmusekurs." Selbst die CSU fand das Plakat bedenklich, Aribert Wolf warf die OB-Kandidatur hin.

© SZ vom 01.10.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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