Veranstaltungen in der Vorweihnachtszeit:Advent, Advent

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Die 24 Tage der Vorweihnachtszeit werden mit verschiedenen kleinen Ritualen gefeiert, vom täglichen Platzerl bis zur Veranstaltungsreihe mit Kunst und Kerzenlicht

Von Anita Naujokat und Günther Knoll

Es gibt ihn inzwischen nicht nur mit Süßigkeiten aller Art, sondern sogar mit Bierflaschen. Womit schon aus Gründen der Schwerkraft klar ist, dass der Adventskalender heute nicht mehr unbedingt an der Wand zu hängen hat. Auch Spielzeug, Parfüm, ja sogar Schmuck findet sich als Überraschung hinter den insgesamt 24 Fenstern. Nostalgiker beharren dagegen immer noch auf das optische Vergnügen vieler weihnachtlicher Motive, auch ein wenig Glitzer darf es sein. Viele basteln ihren Adventskalender auch selbst. 24 Weihnachtsplätzchen an einer Schnur sollen ja sein Ursprung gewesen sein, eines für jeden Tag vom 1. Dezember bis zum Weihnachtsfest, um so den Kindern die Wartezeit aufs Christkind zu verkürzen. Diesem Zweck diente auch der Brauch, in die Krippe fürs Christkind täglich je einen Strohhalm zu legen.

Heute nutzt man die Tradition des Kalenders zu Veranstaltungsreihen, die dann vom Chorkonzert bis zur täglichen Verlosung reichen: In Dachau zum Beispiel wird die komplette Rathausfassade alljährlich im Dezember zum überdimensionalen Adventskalender, auch malerische Schlösser wie etwa in Hohenkammer im Landkreis Freising oder in Taufkirchen an der Vils im Landkreis Erding bilden den festlich beleuchteten Rahmen für den Kalender, und täglich öffnet sich ein Fenster mit Überraschungen. Anderswo trifft man sich jeden Tag an einem anderen Ort einer Gemeinde zu Gesang, Lesungen, Gebeten oder anderen Darbietungen. Diese Form des Adventskalenders wird dann gerne mit der Attitüde "lebend" oder "lebendig" versehen.

"Einen anderen Blick auf Advent und Weihnachten" verspricht der Freisinger Adventskalender, den die Katholische Jugendstelle Freising das Bildungszentrum Kardinal-Döpfner-Haus und das Diözesanmuseum Freising zusammengestellt haben. Geworben wird mit dem Bild einer Bushaltestelle, dementsprechend wird an den 24 Tagen jeweils um 18 Uhr an bestimmten Orten der Stadt eine halbe Stunde haltgemacht. Es geht dabei nicht nur um spirituelle und religiöse Themen, im Kalender finden sich auch Stationen wie Chocolaterie oder Blumengeschäft. Originell dürfte eine Taschenlampenführung im Freisinger Dom unter dem Thema "Licht und Dunkel" am 18. Dezember sein. Dafür ist ebenso wie für einige anderen "Türchen" eine vorherige Anmeldung erforderlich, der Großteil der Veranstaltungen ist spontan zugänglich. Auch aktuelle Themen wie etwa die Flüchtlingssituation werden behandelt. Unter dem Motto "Da stand Josef in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter" wird das Landratsamt am Montag, 21. Dezember, darüber berichten ( www.freisinger-adventskalender.de).

Im Münchner Stadtteil Moosach hat der "lebendige" Adventskalender nur eine Tür. Es ist das Portal der Sankt-Martins-Kirche am gleichnamigen Platz, die vor 1200 Jahren erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde. war. Das Jubiläum feiert die Gemeinde das ganze Jahr über mit einem Höhepunkt jeden Monat. In der Vorweihnachtszeit wird es ein "lebendiger Adventskalender" sein: Jeder, der die Kirchenpforte vom 29. November bis 23. Dezember um 19 Uhr durchschreitet, wird von Kerzenschein, Musik, Gesang und Glockengeläut empfangen. Chöre sowie Musiker verschiedener Genres bieten jeden Tag ein 15-minütiges künstlerisches Programm. Insgesamt wirken an diesem Adventskalender mehr als 300 Aktive aus der Pfarrgemeinde Sankt Martin mit.

Dass sich Rita Spangler die Zeit genommen hat, das Ganze mit vorzubereiten, erklärt sie damit, dass für sie Engagement und Christsein an der Basis beginnt, auch wenn sie selbst in leitender Position war und ist: 16 Jahren stand die 71-Jährige der Katholischen Frauengemeinschaft im Diözesanverband München und Freising vor, seit 1994 ist sie stellvertretende Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum. Mit dem Adventskalender wolle die Kirche auch einen "geistigen Kontrapunkt" setzen zum "Hüttenzauber", der gleichzeitig auf dem Platz neben der Kirche stattfindet, sagt Spangler. Sie selbst singt in drei Chören der Pfarrei. Keine Frage, dass es auch eine "Spangler-Nacht" geben wird: Sohn Micky liest zur Thoma-Nacht Texte, seine Frau Sabine und Rita Spanglers zweiter Sohn Achim musizieren mit zwei Freunden.

Bis September war noch nicht klar, ob sie es mit dem lebendigen Adventskalender in dieser Form überhaupt schaffen. Dann sei alles wie maßgeschneidert gelaufen, sagt Spangler. Die Pfarrgemeinde hat es aus eigener Kraft geschafft, jeden Tag ein anderes Programm anbieten zu können. "Darauf sind wir schon ganz schön stolz", sagt Spangler. Einzig auf einen Trompeter mussten sie verzichten, der die Neugierigen auf dem Weg von der U-Bahn in die Kirche locken sollte. Das Öffnen der Tür läuten jetzt die Glocken der alten Kirche von Sankt Martin ein.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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