Urteile:Strafen für die Schläger

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Nach dem Überfall auf den Ebersberger Bahnhofs-Imbiss vor zwei Jahren müssen drei der acht Täter ins Gefängnis

Von Korbinian Eisenberger, München

Es war der zweite Verhandlungstag, als erstmals auch die Opfer zu Wort kamen. Nasiem S. wollte seine Aussage schnell hinter sich bringen, der 33-Jährige zuckte mit den Augen, er wirkte nervös, als er sich auf den Zeugenstuhl setzte. Dann erzählte er von dem Mann mit dem Baseballschläger, von dem Schlag auf seinen Kopf, von Schlägen, die nicht aufhörten, als er zusammensackte. Er war als Gast im Dönerimbiss, dann lag er drei Tage im Krankenhaus. Die Wunden von damals, sagte S. im Zeugenstand, die seien verheilt. Aber nur die äußeren.

Am Donnerstag ist der Prozess um den Überfall auf einen Dönerladen in Ebersberg nach zwei Wochen zu Ende gegangen. Das Landgericht München erklärte alle acht Angeklagten für schuldig. "Es war ein ausländerfeindlicher Hintergrund", sagte Richterin Regina Holstein. Es sei aber "keine Gesinnungstat", die "keine tiefgreifende rechtsradikale Verwurzelung" habe. Entgegen der Forderung der Staatsanwaltschaft müssen drei der acht Täter ins Gefängnis. Drei weitere Täter erhielten Bewährungsstrafen, bei zwei Männern beließ es das Gericht bei Geldstrafen.

Fast zwei Jahre ist es nun her, dass bundesweit aus Ebersberg berichtet wurde. Es war der Abend des 25. September 2015, als acht angetrunkene Männer aus der Region mit Baseballschläger, Schlosserhammer und Holzstange im Dönerladen des Afghanen Mohammad G. um sich schlugen, ausländerfeindliche Parolen riefen und vier Zuwanderer verletzten. Am Tag danach hielten 80 Einheimische eine Mahnwache ab, kurz darauf kamen 300 Menschen zu einer Kundgebung zusammen. Seither ist der Angriff auf den Dönerimbiss als eine der schlimmsten fremdenfeindlichen Gewaltakte in der Münchner Region in Erinnerung.

Das Urteil folgt nun eher der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte deutlich höhere Strafen beantragt, demnach hätten fünf Angeklagte Haftstrafen bekommen. Nun traf es lediglich die Hauptangeklagten Markus N., 36, und Maximilian G., 28, sowie den Mittäter Patrick E., ebenfalls 28 Jahre alt. Markus N., laut Richtern "der Anführer", muss für vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis, Maximilian G., "der Befehlshaber", für zwei Jahre und vier Monate. N. hatte zwei Menschen mit dem Baseballschläger geschlagen, G. schlug einmal mit der Holzstange zu. Beide wurden wegen gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und "Bildung einer bewaffneten Gruppe" verurteilt. Patrick E. dagegen sei "Mitläufer" gewesen und unbewaffnet, wegen seiner einschlägigen Vorstrafen muss aber auch er ins Gefängnis, für 14 Monate, weil er sich der Gruppe anschloss.

Glimpflicher kamen die fünf anderen Mittäter davon. Andreas S.,32, und Stefan G., 26, erhielten Bewährungsstrafen von zwölf und 19 Monaten, auch für sie hatte die Staatsanwaltschaft Haft gefordert. Marco C., 25, und Lukas R., 24, bekamen geringe Geldstrafen. Der Staatsanwalt hatte 150 und 180 Tagessätze gefordert, womit beide vorbestraft gewesen wären. Johannes B. dagegen, der im Laden war und dort seine Waffe benutzte, kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Hier folgte das Gericht Staatsanwaltschaft und Verteidigung: Der 23-jährige ist der Jüngste der Gruppe, er hatte bei seiner Entschuldigung Tränen in den Augen, seine Aussage brachte den Prozess entscheidend voran, sein Hammer traf nur die Wand.

Sieben Angeklagte nahmen ihr Urteil an, Markus N. und sein Verteidiger wollen es anfechten. "Wir werden sicher in Revision gehen", sagte Rechtsanwalt Christoph Michel nach dem Urteil. Staatsanwalt Alexander Strafner erklärte auf Nachfrage, er werde die Urteile gegen Markus N., Andreas S. und Stefan G. prüfen. Die anderen fünf Strafen sind rechtskräftig.

Wie geht es den Opfern? Auch darauf gab der Prozess Antworten. "Die Wunden sind bei allen verheilt", sagte die Richterin. "Geblieben sind aber bei allen seelische Verletzungen", so die Richterin. Nasiem S. kam zum Urteil nochmal ins Gericht. "Ich bin froh, dass es jetzt vorbei ist", sagte er. Wie es dem dunkelhäutigen Mann geht, den Maximilian G. mit der Stange von den Beinen holte, bleibt allerdings offen - von ihm fehlt jede Spur. Der Imbissbesitzer sperrte am Tag danach wieder auf, ersetzte die zerstörte Tür und verkauft weiterhin Döner.

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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