Urteil:Späte Strafe

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Vor 21 Jahren raubte Magdalena S. einen Mann aus - nun stand sie vor Gericht

Von Susi Wimmer

München ist ja immer eine Reise wert, man kann auch Verwandte und Bekannte besuchen, so jedenfalls dachte Magdalena S., als sie Mitte August aus dem Zug am Hauptbahnhof stieg. Was sie von München zu sehen bekam, war dann eher einseitig, Kost und Logis waren ziemlich karg: Die 53-Jährige wurde festgenommen und saß monatelang im Frauenknast in Untersuchungshaft, weil sie vor 21 Jahren zusammen mit einer Freundin einen Mann betäubt und ausgeraubt hatte. Amtsrichter Josef Bonkamp verurteilte die Frau deshalb am Dienstag zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung. Für Magdalena S. ist damit ihr München-Ausflug beendet, sie wird so schnell wie möglich wieder heimreisen in die Slowakei.

Dass Magdalena S. so jäh von ihrer Vergangenheit eingeholt wurde, liegt an einer DNA-Spur, die sie bei dem schweren Raub im Dezember 1997 hinterlassen hatte. Der Computer meldete beim Abgleich mit der Datenbank vor einigen Jahren einen Treffer, allerdings gab es keine Meldeadresse von der Frau in der Slowakei. Ein Haftbefehl wurde ausgestellt, und als die 53-Jährige dann nach München reiste und "zufällig kontrolliert wurde", wie ihre Rechtsanwältin Eva Loy-Birzer sagt, nahm die Polizei sie fest.

Magdalena S. ist eine sehr korpulente Frau, das blonde Haar zu einem dünnen Pferdeschwanz gebunden. Sie spricht in einfachen Sätzen - und sie gesteht: Dass sie vor 21 Jahren mit ihrer Cousine Irena S. nach München gekommen war, um auf dem Oktoberfest zu arbeiten, aufräumen, wenn die letzten Gäste das Zelt verlassen hatten. Auch nach der Wiesn sei noch zu tun gewesen beim Abbau, und an einem Dezembertag standen die beiden an einem Kiosk am Hauptbahnhof und wollten eigentlich heimreisen, behauptete Magdalena S.

Am Kiosk lernten die Frauen ihr späteres Opfer kennen. Sie hätten kein Geld und nichts zum Essen, erzählten sie dem Mann, der nahm sie mit nach Hause. Man aß gemeinsam, trank kleine Weinbrand-Fläschchen - und als der Mann wieder zu sich kam, lag er in seinem Bett, die Frauen waren weg und mit ihnen Wertsachen für etwa 3600 Euro: zwei Ringe, zwei Halsketten, ein Armband sowie eine Armbanduhr. Staatsanwältin Julia Seiler-Bohn warf der Angeklagten vor, dass sie den Mann mit K.o.-Tropfen betäubt und anschließend ausgeraubt hätten. Im Blut des Opfers fand man, neben Alkohol, auch den Beruhigungsstoff Diazepam.

Das Opfer ist mittlerweile verstorben. Cousine Irena S. konnte mittels einer Fingerspur identifiziert werden, allerdings stufte ein Gutachter ihre Intelligenz als vermindert ein, womit sie schuldunfähig war. Anwältin Eva Loy-Birzer forderte für ihre Mandantin eine Haftstrafe auf Bewährung von einem Jahr. Das Gericht folgte dem Antrag, zumal Magdalena S. dreieinhalb Monate in Untersuchungshaft verbracht hat und seit der Tat im Dezember 1997 straffrei geblieben war.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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