Urteil:Im Urlaub Reiseversicherungsschutz verloren

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Weil sich eine verunglückte Frau trotz Transportfähigkeit nicht heimfliegen ließ, bleibt sie auf Teilen der Klinikkosten sitzen

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Auslandskrankenversicherungen dürfen darauf bestehen, kranke oder verunglückte Personen aus dem Urlaub nach Deutschland zu holen, wenn die Behandlung so günstiger ist. Weigert sich der Versicherte, kann die Assekuranz alle Zahlungen einstellen. Eine Münchnerin hat am Dienstag ihre Klage vor dem Landgericht München I verloren und muss mehr als 6000 Euro aus eigener Tasche bezahlen.

Die Münchnerin und ihr Ehemann haben in der Türkei bei Bodrum ein Ferienhaus. Im Oktober 2014 war sie gestürzt und hatte sich den Ellenbogen und das Sitzbein gebrochen. Im örtlichen Hospital wurde sie sofort operiert. Drei Tage nach dem Unfall meldete sie diesen ihrer Versicherung. Die beauftragte einen türkischen Arzt, die Transportfähigkeit der Patientin zu ermitteln. Der Doktor stellte fest, dass der Rücktransport mit einem "Stretcher" in der Economy-Class eines Flugzeuges bei Begleitung durch einen Arzt möglich sei. Für Patienten, die liegend reisen müssen, wird in Linienflugzeugen eine Liege eingebaut und durch einen Sichtschutzvorhang von den Passagieren abgetrennt.

Das Ehepaar stimmte diesem Prozedere aber nicht zu. Eine Sachbearbeiterin der Versicherung erklärte daraufhin, dass der Versicherungsschutz erlösche, wenn die Eheleute bei ihrer Weigerung blieben. Und so kam es dann auch. Eine nach diesem Zeitpunkt erstellte Klinikrechnung über 6216 Euro aus der Türkei wies die Versicherung zurück. 10 183 Euro, die zuvor für die OP angefallen waren, erstattete sie allerdings vertragsgemäß.

Vor Gericht sagten die Münchner Eheleute nun, dass die Frau damals nicht transportfähig gewesen sei. Geweigert habe man sich jedoch nicht und zur Versicherung lediglich gesagt, dass der weitere Aufenthalt in der Türkei für alle Parteien wahrscheinlich günstiger sei.

Der Vorsitzende Richter der 23. Zivilkammer hörte mehrere Zeugen an. Dabei stellte sich heraus, dass der Ehemann angeblich geäußert habe, dass ein Krankenrücktransport in der "Gastarbeiterabteilung" des Flugzeuges nicht akzeptabel sei. Unter dem Strich kam der Richter nach der Beweisaufnahme zu der Feststellung, dass die Münchner "schlicht in der Türkei in ihrem dortigen Ferienhaus bleiben wollten".

Damit habe das Ehepaar gegen Vertragspflichten verstoßen. Denn ein Liegendtransport mit medizinischem Begleitpersonal sei aus ärztlicher Sicht kein Problem gewesen. Im Versicherungsvertrag stehe, dass bei Transportfähigkeit einem Rücktransport zugestimmt werden müsse. Das sei legitim, sagte der Richter, weil in vielen Ländern die Klinikbehandlung viel teurer sei als in Deutschland. "Deshalb hat die Versicherung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse, die Behandlungskosten möglichst gering zu halten", heißt es nun im Urteil. Dazu dürfe die Versicherung auch das Mittel des Krankenrücktransports nutzen, wenn dieser, wie in diesem Fall, zumutbar sei. Natürlich müsse die Versicherung deshalb auch die gleichfalls eingeklagten 650 Euro Krankentagegeld nicht bezahlen. Gegen das Urteil (Az.: 23 O 3547/15) kann die Münchnerin Berufung beim Oberlandesgericht einlegen.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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