Urteil des Amtsgericht München:Am Schlauch gestrauchelt

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Eine Fahrradfahrerin übersieht eine Baustelle für Kanalreinigungsarbeiten und stürzt - den Schaden muss sie selbst tragen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Sommer, Sonne, blauer Himmel - Radfahren an einem strahlenden Juni-Tag kann so schön sein. Doch all zu achtlos sollte niemand durch die Straßen radeln. Denn wo Arbeiter deutlich erkennbar zu Werke gehen, ist auch ohne Warnschilder oder orangefarbene Markierungshütchen mit Gefahren zu rechnen. Stürzt ein Radfahrer in solch einer Situation, hat er den Schaden selbst zu tragen - so hat es das Amtsgericht München rechtskräftig entschieden.

Augen auf im Straßenverkehr: Radlerin stürzt an einer Baustelle und muss den entstandenen Schaden selbst tragen. (Foto: Foto: dpa)

An einem Tag mitten im Sommer 2006 war eine Münchnerin mit ihrem Fahrrad den Radweg der Leopoldstraße stadteinwärts gefahren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Kanalbau- und Sanierungsunternehmen dort mit Kanalreinigungsarbeiten begonnen. Aus diesem Grund führte ein Schlauch von einem Hydranten zu einem direkt neben der Arbeitsstelle abgestellten Spülwagen der Firma.

Fahrweise nicht angepasst - kein Schadensersatz

Die Münchnerin übersah offenbar diesen Schlauch, stürzte und verletzte sich dabei. Außerdem wurde die Bremsanlage ihres Fahrrades beschädigt, und auch die Kleidung bekam ihren Teil ab. Den Schaden in Höhe von 720 Euro wollte die Radlerin von der Kanalreinigungsfirma ersetzt bekommen. Die Frau meinte nämlich, dass die Arbeiter es versäumt hätten, beispielsweise Warnkegel aufzustellen. Folglich habe die Firma ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die Firma weigerte sich jedoch, den verlangten Betrag zu bezahlen. Als die Münchnerin daraufhin klagte, sagte der Firmenchef, dass der Schlauch und die Baustelle doch wirklich gut sichtbar gewesen seien.

Der Amtsrichter gab den Kanalreinigern Recht und wies die Klage der Fahrradfahrerin ab. Zwar habe der Schlauch unbestreitbar quer über dem Radweg gelegen. Doch er sei gut zu sehen gewesen. Und darüber hinaus habe ein Spülwagen der beklagten Firma an der Stelle gestanden. Dort seien zudem Arbeiter mit Warnwesten tätig gewesen.

"Es war also ersichtlich, dass Arbeiten dort durchgeführt werden", stellte der Richter fest. Die Radfahrerin hätte unter diesen Umständen vorsichtig fahren müssen und dann auch den Schlauch auf jeden Fall bemerken können. "Offensichtlich hat die Klägerin ihre Fahrweise aber nicht an die Umstände angepasst", sagte der Richter. Im Zweifelsfall hätte sie vor dem Schlauch absteigen müssen: "Wer ein erkennbares Hindernis überfährt, handelt auf eigene Gefahr", stellte der Richter fest (Az.:232C7920/07).

© SZ vom 19.08.2008/jh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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