Unternehmen und Klimaschutz:Kleine Schritte, große Wirkung

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Vom Motorenprüfgerät bis zum Lichtschalter: Ein bisschen was geht immer. Wie Firmen ihre Kohlendioxid-Bilanz aufbessern.

Varinia Bernau

Die Lösung lag nah, nur einige Meter unter dem Boden: Vor fünf Jahren stellte sich für BMW die Frage, wie das Unternehmen die riesigen Rechner in seinem Forschungszentrum kühlen sollte. Natürlich konnte man die benötigte Kälte schaffen - zum Beispiel mit Hilfe von erdgasbetriebenen Maschinen. Oder man konnte jene Kälte nutzen, die es ohnehin schon gab: im Grundwasser. Das nimmt nun einen Umweg an die Oberfläche, vorbei an den Rechnern im Forschungszentrum. Jährlich spart BMW so 6300 Tonnen Kohlenstoffdioxid ein. Das ist fast so viel, wie 1000 Münchner mit ihrem Konsum im Lauf eines Jahres an Treibhausgas produzieren.

Preisgekrönte Kühlanlage für Rechner im Münchner Forschungs- und Innovationszentrum der BMW Group, die mit Grundwasser gespeist wird. (Foto: Foto: ales)

Das Beispiel zeigt: Durch die enorme Menge an Energie, die die Großunternehmen in der Stadt benötigen, ist auch der Beitrag, den sie für den Klimaschutz leisten können, beachtlich. Ob BMW, MAN, MTU oder Siemens - der Grundgedanke ist der gleiche: Statt auf immer bessere Filter an den Schornsteinen zu setzen, um die Schadstoffe abzufangen, versuchen die Firmen eher, ihre Produktionsabläufe so zu optimieren, dass weniger Schadstoffe anfallen.

Denn natürlich geht es den Unternehmen nicht nur ums grüne Gewissen, sondern zuerst einmal darum, die Kosten zu verringern. Deshalb sollen Maschinen effizient sein, Abfälle noch weiterverwertet werden - und sei es nur die Hitze von rotierenden Motoren.

Im Forschungszentrum von BMW beispielsweise sind an die Prüfgeräte, die die Motoren testen, Generatoren angeschlossen. Zunächst einmal sollen diese die Motorleistung messen. Nebenbei jedoch fangen sie den Schwung der Motoren auf - und erzeugen daraus Strom. Was dabei gewonnen wird, ist nicht gerade gering: Das gesamte Prüfstandgebäude, in dem sich auch Werkstätten, Büroräume und Labore befinden, kann nach Unternehmensangaben durch die Generatoren mit Strom versorgt werden.

In den Werkshallen von BMW sind zudem Räder vor den Lüftungsanlagen angebracht. Sie wirbeln die warme Luft aus den Hallen und die kalte Außenluft kräftig durch. So werden nach Auskunft des Unternehmens bis zu 70 Prozent der Heizenergie in den Produktionshallen eingespart.

Es ist längst nicht nur die Technik, die die Betriebe im Blick haben, wenn sie darauf schauen, dass möglichst wenig Energie verpufft. Es sind auch die Gebäude. Seit vier Jahren etwa, sagt Ronald Neuhaus, der bei Siemens den betrieblichen Umweltschutz koordiniert, achte sein Unternehmen verstärkt auf seine Immobilien.

Immerhin besitzt der Konzern weltweit mehr als 3000 Werke und Gebäude, deren jährliche Energiekosten sich auf 470 Millionen Euro summieren. In München konnte in einem der Siemens-Häuser an der Hoffmannstraße die Heizenergie kürzlich um die Hälfte gesenkt werden - und zwar mit ganz konventionellen Maßnahmen: Fenster wurden ausgetauscht, die Fassade gedämmt, die Heizpumpen während der wärmeren Jahreszeit gedrosselt.

Und auch für die Büroarbeit sind es mitunter ganz einfache Hinweise, mit denen die Großunternehmen ihre Mitarbeiter zu Umweltschützern im Alltag machen wollen - der Hinweis etwa, für den Bildschirmschoner nicht unbedingt ein Urlaubsfoto zu nehmen, weil die bunte Fläche mehr Strom zieht als eine, die einfach nur schwarz wird.

Heike Sarstedt etwa, die sich bei MAN um den Umweltschutz kümmert, ist davon überzeugt, dass solch kleine Schritte durchaus etwas bringen: Zwischen fünf und zehn Prozent lassen sich in Büros an Energie einsparen, so ihre Schätzung. Kein kleiner Posten, wenn man bedenkt, dass etwa die Hälfte der 7000 Mitarbeiter am Münchner Standort nicht in der Fertigung, sondern eben in Büros beschäftigt sind.

Im vergangenen halben Jahr ist Heike Sarstedt deshalb gemeinsam mit Studenten der Frage nachgegangen, wie das Unternehmen seine Mitarbeiter anspornen kann, aufs Energiesparen zu achten. Das Ergebnis einer ersten Umfrage: Statt Belehrungen wollen viele eine Erklärung, welcher Schritt wie weit führt. Deshalb soll es demnächst ein Energiequiz und eine gesonderte Seite mit Informationen im Intranet geben - und vielleicht auch einen Aufkleber, den Heike Sarstedt für einen der originellsten Einfälle der Studenten hält: Ein kleines Rechteck für den Lichtschalter - mit der Aufschrift "Drück mich zum Abschied!"

Von dem Strom, den die Münchner Großunternehmen beziehen, stammt nur etwa ein Sechstel bis ein Fünftel aus erneuerbaren Energieträgern. Es ist ein Anteil, der für deutsche Verhältnisse zwar recht hoch ist - und auch dem entspricht, was in den meisten Haushalten aus der Steckdose kommt. Ronald Neuhaus allerdings weiß, dass der Anteil an alternativen Energiequellen deutlich höher liegen könnte - so wie beispielsweise an jenen Siemens-Standorten in Brasilien oder der Schweiz, die sehr viel mehr Wasserkraft einsetzen, als dies in Deutschland üblich ist. "Das liegt daran, dass in Deutschland nach wie vor recht viel fossile Brennstoffe genutzt werden." Bei MAN, so berichtet Heike Sarstedt, prüfe man derzeit die Möglichkeiten, in größerem Umfang auf Solarenergie und Geothermie zu setzen.

Der Einbau einer Photovoltaikanlage beispielsweise, so schätzt Sarstedt, binde ein Großunternehmen über 20 Jahre hinweg. Es sind letztlich zwei Seiten einer Medaille: So beachtlich die Wirkung ist, wenn sich Unternehmen für den Klimaschutz engagieren, so hoch sind eben auch die Hürden, vor denen sie dabei stehen - allein ihrer Größe wegen.

© SZ vom 20.04.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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