Unter Beobachtung:Umkämpfte Bürgerwehren

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Richtungsstreit mit Rechtsextremen in Facebook-Gruppe

Von Thomas Anlauf

In den geplanten Bürgerwehren, die nach Angaben von Experten Neonazis und Rechtsextreme unterwandert haben, sind offenbar heftige Machtkämpfe ausgebrochen. Am Donnerstagabend soll es nach Angaben von Beobachtern zu einem Richtungsstreit in einer der auf Facebook organisierten Gruppen gekommen sein. Ein Münchner Neonazi, der bereits wegen Rechtsterrorismus verurteilt wurde, hat sich laut der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München (Firm) der geschlossenen Facebook-Gruppe angeschlossen und versucht offenbar, massiv Einfluss auf die Initiative zu nehmen. Auch ein Rosenheimer Rechtsextremist, ein Mitglied der neonazistischen Partei "Der dritte Weg" sowie die ehemalige Sprecherin von Pegida Dresden sollen sich unter den Anhängern der Facebook-Gruppe befinden. Der Administrator der Initiative hat nach Angaben von Firm bereits überlegt, die Facebook-Gruppe aufzulösen, wurde aber offenbar von Mitgliedern gedrängt weiterzumachen.

Die Münchner Polizei bestätigt, dass es sich bei den Mitgliedern der Gruppe zum Teil um extreme Rechte handelt. Eine direkte Kontaktaufnahme habe es mit den Verantwortlichen zwar noch nicht gegeben, allerdings beobachte die Polizei sehr genau, was die beiden Bürgerwehren überhaupt planen. Eine der beiden Initiativen, die sich in den vergangenen Tagen umbenannt hat, kündigt für diesen Samstag einen "friedlichen Spaziergang" durch München an. Bislang haben allerdings weder Polizei noch das Kreisverwaltungsreferat Informationen, wo und wann die Aktion stattfinden soll. Sollte es tatsächlich eine Art Spaziergang sein, müsste er nicht als Demonstration angemeldet werden, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Falls die selbst ernannten Bürgerwehrler allerdings tatsächlich in Erscheinung treten, "schauen wir uns das auf alle Fälle an", so der Sprecher. Es sei ausschließlich Aufgabe der Polizei, für Recht und Ordnung zu sorgen. Der Gründung der Gruppen stehe man deshalb extrem kritisch gegenüber.

Eine der Initiativen hatte sich vor einer Woche in einem Lokal an der Sendlinger Straße getroffen, um künftige Aktionen zu koordinieren. Ein zweiter "Stammtisch" ist offenbar für den 27. Februar geplant. Bis dahin könne man sich bei den Montagsdemonstrationen der rechtspopulistischen Pegida treffen, hat die freie, aber von der Stadt finanzierte Fachinformationsstelle Firm recherchiert. Pegida plant unterdessen nach Angaben des Vereins "München ist bunt" am 1. Februar eine Kundgebung am Platz der Opfer des Nationalsozialismus. Der Verein rief am Freitag zum Gegenprotest an dem Abend auf. Der Aufmarsch der Rechten sei eine "ungeheure Provokation", sagt Vereinsvorsitzende Micky Wenngatz.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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