Unikate:150 Orangen für den Abschluss

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Italienische Wurzeln: Isabella Heinz setzte sich mit einer Legende aus der Region Piemont auseinander. (Foto: Paula Zünkler)

Der Karneval von Ivrea hat Modestudentin Isabella Heinz, 23, inspiriert

Von Katharina Horban

Am Ende ihres Studiums presst Isabella Heinz, 23, eine Woche lang frischen Orangensaft. Weil sie nicht alle Orangen verarbeiten kann, bekommen auch Verwandte einige Früchte. Rund 150 Orangen hat sie für ihre Abschlussarbeit "When life gives you oranges: Die Geschichte des Karnevals von Ivrea und sein mittelalterlicher Ursprung" gebraucht - als Dekoration für das Fotoshooting, das Teil der Arbeit war: Isabella hat Modedesign an der Akademie Mode & Design studiert. In ihrer Bachelor-Arbeit hat sie sich mit dem Karneval der italienischen Kleinstadt Ivrea nahe Turin beschäftigt, bei dem sich verschiedene Teams mit Orangen bewerfen. Zusätzlich zu einer von ihr entworfenen Kollektion musste sie eine wissenschaftliche Arbeit, ein Booklet mit Fotos des Shootings abgeben und eine Modenschau veranstalten.

"Meine Mutter kommt aus der Gegend. Als 13-Jährige war ich das erste Mal auf dem Karneval", sagt Isabella, der es wichtig war, ihre italienischen Wurzeln in die Arbeit miteinzubringen. Den Karneval von Ivrea fand sie spannend, weil Emanzipation und Revolution eine Rolle spielen: Im Mittelalter nahm sich der Herrscher das "jus primis noctis", das Recht der ersten Nacht mit frischverheirateten Frauen. Statt sich aber vergewaltigen zu lassen, soll der Legende nach eine Müllerstochter dem Herrscher den Kopf abgeschlagen - und so eine Revolution in Gang gesetzt haben. Dieses Freiheitsgefühl möchte Isabella in ihrer Kollektion darstellen. "Mit dem Karneval wird das bis heute jedes Jahr gefeiert, und zwar über mehrere Tage mit einer riesigen Orangenschlacht", sagt sie.

Warum gerade Orangen? Dazu gibt es verschiedene Theorien: etwa, dass die Orange ein Symbol für den Kopf des Herrschers sei oder dass der auf den Straßen verteilte Orangensaft das Blut symbolisiere - oder dass die Menschen bei der Revolution Steine geworfen hätten, welche die Orangen heute nachahmen.

"Ich habe versucht, mein Thema in verschiedene Richtungen zu denken. Wie man den Emanzipations- und Revolutionsgedanken gut in die Kollektion einbinden kann." So auch bei dem von ihr entworfenen Orangenprint, der sich auf einem Kleid wiederfindet, ihr Lieblingsteil: "Das ist zu 100 Prozent meine Vision, die ich genauso umsetzen konnte." Um die Kollektion zu entwerfen, orientiert sich Isabella an kostümhistorischen Quellen, die zeigen, was im Piemont im Mittelalter getragen wurde. Ihre Kollektion, die aus acht Outfits und 16 Einzelteilen besteht, wird von den Farben Orange und Grün dominiert - angelehnt an das Orange der Frucht und das Grün der Blätter. Was bei der Arbeit vielleicht geholfen hat: Orange ist ihre Lieblingsfarbe.

© SZ vom 15.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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