Ungeziefer in Backzutaten von Müller-Brot:Behörden sehen keine Gefahr durch Mäusekot

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Eine Woche will sich Müller-Brot noch Zeit lassen, dann sollen die Backöfen wieder angeheizt werden - zumindest wenn es nach dem Unternehmen geht. Derweil stellen die Behörden klar: Zwar habe man auch in Zutaten Ungeziefer gefunden, eine Gefahr für die Verbraucher habe aber nicht bestanden.

Die Gesundheitsbehörden sehen auch nach Bekanntwerden neuer Details über gravierende hygienische Mängel bei der Großbäckerei Müller-Brot keine Gesundheitsgefährdung für die Verbraucher. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen bleibt dabei, dass eine Gefahr für die Kunden der Brotfabrik auszuschließen sei.

Immer neue Details über die hygienischen Mängel bei der Großbäckerei Müller-Brot werden bekannt. Die Behörden sehen trotzdem keine Gefahr für den Verbraucher. (Foto: dpa)

Eine Behördensprecherin sagte, nach dem Fund von Ungeziefer in vier Proben von Zutaten Ende Januar sei der Betrieb in der Brotfabrik umgehend stillgelegt worden. Fertige Backwaren seien entsorgt, bereits ausgelieferte Produkte zurückgeholt und vernichtet worden.

Zudem seien Mäusekot und Ungeziefer nur in Backzutaten, nicht aber in fertiger Ware nachgewiesen worden. Mehrmals mussten aber Lebensmittel bei Müller-Brot entsorgt werden, weil "im Umfeld der Produktion unhygienische Umstände vorgefunden wurden", hieß es weiter. Dies betrifft auch bereits ausgelieferte Ware. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk berichtet, es habe doch eine Gefahr für die Verbraucher bestanden.

Die wegen Mäusekot und Kakerlaken in ihrer Neufahrner Fabrik seit 30. Januar stillgelegte Großbäckerei Müller-Brot will in gut einer Woche wieder die Produktion aufnehmen. Davor soll es eine erneute Kontrolle durch die Lebensmittelbehörden geben. Die Geschäftsleitung bat am Donnerstagabend beim Landratsamt Freising um einen Abnahmetermin am Freitag in einer Woche "Bis dahin sollen die notwendigen Maßnahmen durchgeführt worden sein, um die erforderlichen hygienischen Zustände zur Freigabe der Produktion herzustellen", teilte die Behörde mit.

Müller-Brot selbst bezeichnete die derzeitige Krise als "Chance für einen grundlegenden Neustart". Um in Zukunft die hohen Anforderungen zu übertreffen, werde das interne Reinigungsmanagement komplett neu gestaltet und zusätzliche neue Dienstleister in diesem Bereich beauftragt. "Erklärtes Ziel der Unternehmensführung ist es, am Ende das Vertrauen der Verbraucher wiederzugewinnen", hieß es am Donnerstagabend in einer Mitteilung des Unternehmens. Ob das auch gelingt, ist allerdings fraglich.

Buß- und Zwangsgelder in Höhe von 69.000 Euro

Nach Angaben des Freisinger Landratsamtes wurde Müller-Brot in den vergangenen zweieinhalb Jahren 21 Mal kontrolliert. Bei sieben dieser unangekündigten Besuche war die Spezialeinheit des LGL aus Erlangen beteiligt, in der Lebensmittelbranche so etwas wie die GSG 9 bei der Polizei. Seit Herbst 2010 musste die Bäckerei sechsmal ungenießbare Ware vernichten. In drei Fällen waren die Produkte bereits ausgeliefert. Für eine öffentliche Rückrufaktion hätten jedoch die rechtlichen Voraussetzungen gefehlt. Die Ware wurde stillschweigend aus den Regalen genommen.

Seit Herbst 2009 verhängten die Behörden mehrere Buß- und Zwangsgelder in Höhe von 69.000 Euro. Kritisch wurde die Lage für Müller-Brot aber erst Ende 2011, als die Regierung von Oberbayern die Schließung der Fabrik androhte. Dennoch lief die Produktion bei Müller bis 30. Januar 2012 weiter.

Dass die Öffentlichkeit nicht informiert wurde, ärgert die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Deren Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt sagte, ahnungslose Verbraucher hätten Millionen Brötchen und Brotlaibe von Müller-Brot gegessen, "während bayerische Beamte wegen Mäusekot und Kakerlaken in der Großbäckerei ein- und ausgingen". Behörden müssten verpflichtet werden, Verbraucher über Gammelfleisch-Funde und Ekel-Lebensmittel zu informieren.

"Schwer vorstellbar, dass die Ware bedenkenlos war"

Auch die Grünen kritisierten die mangelnde Auskunft. "Die Behörden haben sich hier offenbar zu sehr von den wirtschaftlichen Interessen der Firma Müller-Brot leiten lassen und damit den Arbeitsplätzen erst recht einen Bärendienst erwiesen", sagte der Landtagsabgeordnete Christian Magerl. "Nach allem, was jetzt an Schädlingsbefall bekannt wurde, erscheint es schwer vorstellbar, dass die Ware bei der Auslieferung bedenkenlos war."

Derweil befürchtet die Gewerkschaft nach dem Produktionsstopp einen Personalabbau: "Die Geschäftsführung befürchtet, dass es zu einem Stellenabbau kommen wird", sagte der Vertreter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Mustafa Öz. Am Freitagmittag waren am Neufahrner Firmensitz Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaft zu Gesprächen zusammengekommen. Daran nahm auch Mehrheitsgesellschafter Klaus Ostendorf teil.

Nach den Angaben von Öz steht Ostendorf zu Müller-Brot und will in die Sanierung des Unternehmens investieren. Ausstehende Löhne und Gehälter sollen gezahlt werden. Allerdings gingen die Verluste seit dem Produktionsstopp in die Millionen.

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