Umzugspläne:Israelisches Konsulat will mitten ins einstige Naziviertel ziehen

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Das israelische Konsulat soll in ein Gebäude hinter der Staatlichen Lotterieverwaltung am Karolinenplatz ziehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Umzug an einen symbolträchtigen Ort: Das israelische Generalkonsulat in München will an den Karolinenplatz ziehen. Das wäre ein starkes Signal, denn das Gebäude liegt zwischen dem NS-Dokuzentrum - und dem sogenannten Führerbau.

Von Kassian Stroh und Frank Müller

Nach bald drei Jahren der Suche hat das israelische Generalkonsulat in München eine dauerhafte Bleibe gefunden. Es soll nach Informationen der Süddeutschen Zeitung möglicherweise noch in diesem Jahr an den Karolinenplatz ziehen. Dort wollen die Israelis vom Freistaat Teile eines Rückgebäudes der bisherigen Lotteriezentrale mieten. Diese verlässt im Sommer das Areal; in das repräsentative Vordergebäude kommt die Technikakademie Acatech. Der Mietvertrag zwischen Israel und dem Freistaat ist aber noch nicht unterschrieben. Der Umzug an den Karolinenplatz könnte mithin noch platzen, wenngleich er das wahrscheinlichste Szenario ist, wie zu hören ist.

Die Lage des neuen Generalkonsulats wäre ein starkes Signal: Das Gebäude liegt quasi Rücken an Rücken zum sogenannten Führerbau, den die Nazis als Repräsentationsgebäude für Adolf Hitler erbauen ließen. Direkt daneben entsteht über den Ruinen der Nazi-Parteizentrale das NS-Dokuzentrum. Und im ehemaligen Palais Törring, in das die Acatech ziehen wird, saß einst das Oberste Parteigericht der NSDAP.

Inmitten von Nazi-Bauten das Generalkonsulat des Staates Israel zu platzieren, wäre höchst symbolträchtig. Und für das Konsulat insofern eine bekannte Situation, als es bisher seine Büros mit Blick auf die Landesbank-Zentrale hat, wo früher das Hauptquartier der Gestapo stand. Davon sehe er nichts mehr außer einem Schild, hatte der frühere Generalkonsul Tibor Shalev Schlosser einmal gesagt: "Die Mörder mit ihrem Wahnsinn sind nicht mehr hier, aber ich, ein israelischer Diplomat von der Seite ihrer Opfer, bin heute hier und vertrete hier meinen Staat. Das ist auch ein Statement."

Schönes und funktionelles Quartier

Das Konsulat war im Sommer 2011 in München errichtet worden, in dem Bürogebäude an der Brienner Straße ist aber kein Publikumsverkehr möglich. Von Anfang an war dies als Provisorium gedacht, doch bei der Suche nach einer dauerhaften Bleibe tat sich das Generalkonsulat schwer. Israel wünschte sich ein schönes und funktionelles Quartier, das möglichst zentral gelegen sein sollte - nicht zu teuer und gut zu sichern. Das alles scheint am Karolinenplatz offenbar gegeben zu sein. Der Mietvertrag soll nach SZ-Informationen in den nächsten Wochen unterschrieben werden. Der Umzug könnte noch in diesem Jahr erfolgen. Ein symbolträchtiges Datum wäre der 9. November, der Jahrestag des von den Nazis organisierten Judenpogroms von 1938. Zudem soll im November das NS-Dokuzentrum eröffnet werden.

Über das Viertel zwischen Karolinen- und Königsplatz wird auch im Landtag immer wieder debattiert, zuletzt am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss. Dabei sprach Michael Piazolo (Freie Wähler) offen von einem "sensiblen" Konsulat in diesem Bereich. Im Fokus der Opposition stand allerdings das Amerikahaus. Dass dort nun die Büros der Sicherheitskonferenz einziehen sollen, passe nicht zum Ensemble und werfe wegen der Nähe zum NS-Dokuzentrum Bedenken auf, sagte Claudia Stamm (Grüne). "Es macht keinen Sinn, dass alle Menschen jetzt wissen, wo die Siko ist. Dass jeder weiß, wo man einen Farbbeutel hinschmeißen kann." Das Amerikahaus sei damit ein "Gebäude, dass irgendwann ganz sicher besondere Sicherheitsmaßnahmen braucht".

Debattiert wurde vor allem, dass die Sicherheitskonferenz dort mietfrei unterkommt. Ein Staatskanzlei-Beamter rechtfertigte das mit dem "überragenden Interesse" des Freistaats an der gemeinnützigen Organisation. Isabell Zacharias (SPD) sagte, viele wichtige Vereine müssten auch dem Staat Miete zahlen. "Ich hoffe, dass wir jetzt hier viele Petitionen von gemeinnützigen Vereinen bekommen, die einen Platz im Amerikahaus einfordern."

© SZ vom 13.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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