Umbau Stachus-Untergeschoss:Stimmung im Keller

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Das Stachus-Untergeschoss wird umgebaut - viele Händler fürchten, dass sie die geplanten Mietsteigerungen nicht verkraften können.

Lenz Koppelstätter

"Sold out" und "Alles muss raus" klebt an den Schaufenstern. Es sind die Spuren des vorerst letzten Sommerschlussverkaufs im Untergeschoss des Stachus'. In den nächsten Monaten müssen die meisten Geschäfte geräumt werden, dann wird hier alles umgebaut. Der vergammelte Stachus soll schöner werden. Ob der Blumenladen, die kleine Reinigung, die Modeboutique und das Café Hölzl nach der Renovierung wieder eröffnet werden, ist ungewiss. Viele Geschäftsleute fürchten um ihre Existenz.

Aus dem gammeligen Stachus-Untergeschoss soll eine attraktive Ladenpassage werden. (Foto: Foto: Rumpf)

Auf einer Fläche von 7000 Quadratmetern soll ein modernes Einkaufszentrum mit einheitlichem Erscheinungsbild entstehen. Es ist eines der größten Umbauprojekte im Herzen der Stadt, wo täglich 160.000 Passanten unterwegs sind. In einigen Passagen des Untergeschosses haben die Arbeiten bereits begonnen.

Das Stachus-Bauwerk, das insgesamt über fünf Untergeschosse verfügt, war in den Jahren 1966 bis 1970 errichtet worden. In Gesamtkonzepten wurde damals noch nicht gedacht.

2004 hat die Stadt München das unterirdische Bauwerk an die Stadtwerke verkauft. Diese suchten europaweit nach einem Investor, der das heruntergekommene Objekt sanieren sollte. Den Zuschlag erhielt die Immobilien-GmbH LBBW, ein Tochterunternehmen der Landesbank Baden-Württemberg, die in München eine ganze Reihe von Großprojekten realisiert. Das Stachus-Einkaufszentrum hat die LBBW im Februar 2007 für 33 Jahre gepachtet. Rund 30 Millionen will sie in die Modernisierung investieren. "Es kann nicht so weitergehen, dass alles Kraut und Rüben ist", sagt Sprecher Bernhard Wild.

Keiner hat unterschrieben

Den meisten der rund 50 Mieter wurde zugesichert, dass sie nach dem Umbau ihr Geschäft wieder eröffnen können - sofern sie in das neue Konzept passen. 15 Geschäfte passten nicht ins Konzept. Weitere 15 wollen nach dem Umbau nicht neu eröffnen. Die meisten der restlichen 20 Mieter haben inzwischen einen 40-Seiten starken Vertragsentwurf in ihren Schubladen liegen. Täglich treffen sie sich in den Passagen vor ihren Geschäften und fragen, ob denn schon jemand entschieden hat, den Vertrag zu unterschreiben. Bislang noch niemand. Denn so, wie es im Entwurf steht, hatten sie sich die Zukunft nicht vorgestellt. "Klar ist, dass die Preise steigen", sagt LBBW-Sprecher Wild.

Über die Höhe der neuen Mieten will sich die LBBW nicht äußern. "Es gibt starke Preisschwankungen je nach Lage und Branche, Sortiment und Zuschnitt des Geschäfts." Bislang belief sich die Monatsmiete im zentralen Bereich des Untergeschosses auf etwa 50 Euro pro Quadratmeter. Die angesetzte Miethöhe in den Vertragsentwürfen soll laut einigen Mietern rund das Doppelte betragen.

Genaueres will niemand sagen, denn die Geschäftsinhaber mussten sich schriftlich verpflichten, über den Inhalt des Vertragentwurfs Stillschweigen zu wahren. "Aus Sicherheitsgründen dürfen genaue Baupläne und Verträge nicht publik werden", sagt Wild. Der Durchschnittspreis liege aber unter 95 Euro pro Quadratmeter. Ob sich die Miete in einigen Fällen tatsächlich verdoppelt, will er weder bestätigen noch dementieren.

Für die meisten Geschäftsinhaber wäre bei einer solchen Steigerung der Laden nicht mehr rentabel - zumal die Nebenkosten steigen und nach Abriss der alten Strukturen seitens des Investors lediglich der Rohbau für das neue Geschäft zur Verfügung gestellt wird. Für neue Schaufenster und Eingangstüren müssen die Ladenmieter selbst aufkommen. Dabei müssen die Pläne mit den Projektleitern abgestimmt werden und deren Vorstellungen könnten kostspielig werden. So sollen etwa elektronische Schiebetüren im zentralen Bereich zum Einheitsbild beitragen.

"Eine solche Investition kann ich nicht riskieren. Den Vertragsentwurf kann ich in dieser Form nicht annehmen", sagt einer der Betroffenen. "Der Stachus wird bestimmt wunderschön werden, mir aber bereitet der Umbau schlaflose Nächte, es geht hier schließlich um meine Existenz." Ein anderer Mieter hat den Entwurf mit seinem Anwalt durchgesehen. "Der meint, die Konditionen kämen einem Todesurteil für mein Geschäft gleich."

LBBW-Sprecher Bernhard Wild sagt, die Vertragsentwürfe seien durchaus noch verhandelbar. "Keineswegs wollen wir aus dem Stachus eine Luxuspassage nach dem Vorbild der Fünf Höfe machen. Deshalb wurden die Verträge zuerst den jetzigen Mietern angeboten." An große Verkaufsketten sei man noch nicht herangetreten. Noch nicht.

Am heutigen Freitag stellen die CSU-Stadträte Richard Quaas und Marian Offman deshalb zum zweiten Mal eine Anfrage an die Stadtspitze. Auch die Mieter hoffen auf die Unterstützung der Stadt. Doch dort sieht man sich nach dem Verkauf des Areals nicht mehr zuständig.

Die erste Anfrage wurde an die LBBW weitergeleitet. "Das beklagte Image der Schmuddelecke kann nur durch ein neues Grundkonzept beseitigt werden", hieß es seitens der LBBW in der Antwort. In welchem Umfang die Preise steigen werden, wurde nicht angegeben. "Die Stadt darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Schließlich ist das Untergeschoss des Stachus nicht nur Einkaufszentrum sondern auch Zugang zu Tram, U- und S-Bahn und somit öffentlicher Raum", fordert Stadtrat Offman.

Der überwiegende Teil des Umbaus im Untergeschoss des Stachus soll zum Weihnachtsgeschäft 2009 beendet sein. Abgeschlossen wird die Sanierung der Ladenpassage voraussichtlich im Dezember 2010. Ob mit oder ohne die traditionellen kleinen Geschäfte im Untergeschoss, ist offen.

© SZ vom 08.08.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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