U-Bahn bis Martinsried:Der Wissenszug

Lesezeit: 2 min

"Das wichtigste Infrastrukturprojekt der Hochschulregion München": Die Stadt und die Gemeinde Planegg wollen die U6 bis Martinsried verlängern. Die Streckengenehmigung läuft.

Dominik Hutter

Namensvorschläge gibt es schon: Wissenschaftslinie, University Line - die Münchner Landrätin Johanna Rumschöttel spricht vom "Brain Train". Gemeint ist ein nur etwa ein Kilometer langer U-Bahn-Abschnitt, der es allerdings in sich hat. Denn wird die U6 von Großhadern bis nach Martinsried verlängert, verbindet diese Linie die dortigen Biotechnologie-Institute direkt mit der Ludwig-Maximilians-Universität in der Maxvorstadt und dem TU-Areal in Garching.

"Das ist das derzeit bedeutsamste Infrastrukturprojekt der Hochschul- und Wissenschaftsregion München", schwärmt Oberbürgermeister Christian Ude.

Der Stadt München kommt allerdings bei diesem nun wieder in Schwung gekommenen Projekt nur eine Berater- und Planerrolle zu. Die neue Strecke wäre zwar Teil des Münchner U-Bahn-Netzes, sie liegt aber jenseits der Stadtgrenze auf Planegger Gebiet. Zuständig sind also die Gemeinde Planegg, die als Bauherrin auftreten wird, und der Landkreis München, der sich bereits im Juni für den neuen Schienenstrang ausgesprochen hat.

Derzeit läuft das Streckengenehmigungsverfahren, der nächste Schritt wäre dann die Planfeststellung, an deren Ende die Baugenehmigung steht. Die Planegger Bürgermeisterin Annemarie Detsch hofft, dass schon Ende 2010 die Bagger anrollen können. Bis dahin muss allerdings die Finanzierung geklärt sein. Der Kilometer U-Bahn, der komplett unterirdisch verlaufen soll, kostet rund 65 Millionen Euro - die neue Endstation in Martinsried schon inklusive.

Nach Auskunft Rumschöttels ist geplant, dass Freistaat und Bund 95 Prozent der Kosten tragen. Den Rest schultern der Landkreis München (zu zwei Dritteln)und die Gemeinde (ein Drittel). Fürs kleine Planegg, so betont Detsch bei einer Pressekonferenz in ihrem Rathaus, sei eine solche Investition trotzdem eine extreme Belastung.

Ude empfiehlt daher schon einmal in seiner Rolle als Berater, die ungewohnten Dimensionen einer U-Bahn-Baustelle auch in der Geschäftsordnung des Gemeinderats zu berücksichtigen - im Interesse eines zügigen Ablaufs. Denn beim U-Bahn-Bau nach Garching sei es sehr störend gewesen, dass für jede einzelne Investition jenseits der 15000-Euro-Marke der Stadtrat befasst werden musste. Was logischerweise sehr häufig geschah - auf einer U-Bahn-Baustelle fallen solche Summen eher unter die Kategorie Kleingeld.

Geplant wird die U6-Verlängerung nicht im Planegger Rathaus, sondern vom Münchner Baureferat, dessen Experten seit den 1960er Jahren Erfahrung mit unterirdischen Schienenstrecken haben. Die kommunale Behörde soll Ude zufolge auch die komplizierten Genehmigungsverfahren abwickeln und vielleicht auch die Projektleitung auf der Baustelle übernehmen.

Diese Dienstleistung gibt es freilich nicht als Geschenk unter Nachbarn - sie muss bezahlt werden. Als Bauzeit für den Tunnelabschnitt, der in unmittelbarer Nähe der Biotechnologie-Institute endet, sind vier Jahre angesetzt.

Trotz ihrer exterritorialen Lage soll sich die neue Station, wie auch schon die beiden Garchinger Bahnhöfe, nahtlos ins Münchner U-Bahn-Netz einfügen. Der alltägliche Betrieb über die Stromversorgung bis hin zur U-Bahn-Wache wird wie der Rest des 94Kilometer langen Netzes von der MVG gemanagt.

Ob das kommunale Verkehrsunternehmen für die Streckenverlängerung einen zusätzlichen Zug anschaffen muss, steht Ude zufolge noch nicht fest. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis, das mindestens den Wert eins erreichen muss, kommt in beiden Fällen auf sehr akzeptable Werte: 1,6 ohne den Kauf eines Zuges, 1,32 mit dieser Millioneninvestition.

Die U6 nach Martinsried ist Bestandteil des sogenannten dritten Mittelfristprogramms, zu dem auch die U3-Verlängerung nach Moosach gehört. Der noch fehlende Zwei-Kilometer-Abschnitt zwischen Olympia-Einkaufszentrum und Moosacher Bahnhof soll im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Was aus den weiteren Kandidaten dieser Ausbauliste, der U4 nach Englschalking (knapp zwei Kilometer Strecke) und der U5 nach Pasing (3,6 Kilometer) wird, ist bislang nicht entschieden. Nach dem Bau auch dieser Röhren wäre das U-Bahnnetz etwa 110 Kilometer lang.

Noch in keinem Investitionsprogramm enthalten ist die von SPD und Grünen angeregte U9. Mit dieser Linie, die derzeit genauer untersucht wird, ist erstmals seit dem Bau von U4 und U5 in den 1980er Jahren wieder eine Innenstadtquerung im Gespräch. Sie verliefe von der Implerstraße über den Hauptbahnhof zur Münchner Freiheit.

© SZ vom 11.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: