Tollwood:Ude mal zwei

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Ein Buhkonzert, eine Schulerweiterung und ein oberster Feuerwehrmann, der nicht einmal einen Hydranten anschließen kann: "Der doppelte Ude" begeisterte auch dieses Jahr wieder sein Publikum.

Rebecca Brielbeck

Bereits um 19 Uhr sind alle Plätze im Theaterzelt auf dem Tollwood besetzt. Die kleine, hell erleuchtete Bühne gleicht einem Klassenzimmer, einem Klassenzimmer, in dem Musik unterrichtet wird: Tafel, Tisch und Flügel.

Wie schon im letzten Jahr (Foto) wagten sich Oberbürgermeister Christian Ude und sein Double Uli Bauer auch heuer wieder gemeinsam auf die Bühne. (Foto: Foto: Catherina Hess)

Die meisten Menschen im Publikum haben die 40 bereits überschritten. Dann und wann finden sich aber auch jüngere Gesichter. Sie alle sind gespannt auf das, was gleich folgen wird, denn heute werden sie eine neue Seite des Menschen kennenlernen, der ihre Stadt nun schon seit so vielen Jahren regiert.

Münchens Oberbürgermeister und sein Nockherberg-Double Uli Bauer geben sich am Freitag Abend auf der Theresienwiese ein Stelldichein und "Der doppelte Ude" ist, wie auch schon im Vorjahr, ein absoluter Publikumsmagnet: Bereits Wochen im Voraus waren alle Karten restlos ausverkauft. Kein Wunder, schließlich sieht man nicht jeden Tag, wie sich ein Stadtoberhaupt selbst auf die Schippe nimmt.

Als Christian Ude die Bühne betritt, ist der Applaus allerdings ziemlich verhalten. Das liegt aber nicht daran, dass der Oberbürgermeister bei den Münchnern plötzlich an Beliebtheit eingebüßt hätte. Vielmehr hat er sich regelrecht auf die Bühne geschlichen. Grund: Sein erster Gag soll auch wirklich gelingen.

Einen richtigen Showmaster wollte er geben, beschwert er sich. Einen Showmaster, der vor lauter Beifall überhaupt nicht zu Wort kommt. "Leider sind Sie hierfür ein unwürdiges Publikum. Das probieren wir gleich nochmal."

Schule erweitert - aus Versehen

Gesagt, getan: Ude verlässt die Bühne, um noch mal bei tosendem Applaus wiederzukommen. So hat er sich das zumindest vorgestellt. Doch aus diesem Plan wird nichts. Uli Bauer kommt ihm zuvor und schnappt ihm Show und Beifall vor der Nase weg.

Mürrisch tritt der OB wieder vors Publikum, das ihm dann aber doch noch den Applaus schenkt, den er sich gewünscht hat. Die beiden Männer, die sich, bis auf kleine Unterschiede in der Körperfülle, wirklich verblüffend ähnlich sehen, werfen sich die Bälle zu.

Bauer beschwert sich, dass er bei keinem Casting mehr eine Chance habe, denn keiner wolle einen "Oberbürgermeister" engagieren. Auf die Frage Udes, warum er den Job nicht einfach hinschmeiße, kontert der Schauspieler: "Diese Frage könnte ich auch zurückgeben."

Nicht ganz unberechtigt, denn mittlerweile sitzt der Sozialdemokrat seit 13 Jahren im Rathaus auf dem Marienplatz. Während dieser Zeit hat er so einiges erlebt und an seinem reichen Erfahrungsschatz lässt er die Zuschauer mit einer gehörigen Portion Selbstironie teilhaben.

Er erzählt von Schulerweiterungen, die er "aus Versehen" trotz leerer Kassen genehmigte, wie gut er sich fühlte, als er zum ersten Mal zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Und wie er dann von seiner Familie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde: "Du bist oberster Feuerwehrmann und weißt nicht einmal, wie man einen Hydranten anschießt?" musste er sich bereits am Wahlabend von seinem Sohn anhören.

Den Allerwertesten im Bild

Zudem berichtet Ude von seinem Fauxpas bei der Aufstiegsfeier des TSV 1860 München auf dem Marienplatz. Dort hatte er bei seiner Rede aus Pflichtgefühl auch den Rivalen Vereins, den FC Bayern München, erwähnt und erntete postwendend ein minutenlanges Buh-Konzert von 30.000 Löwen-Fans.

Die Geschichten, die er größtenteils aus seinen Büchern "Meine verfrühten Memoiren" und "Chefsache" vorliest sind so lustig, dass viele Zuschauer gar nicht mehr aus dem Lachen herauskommen.

Absolutes Highlight: Die Anekdote über seinen ersten Anstich auf dem Oktoberfest. Zunächst sei er überhaupt nicht nervös gewesen. "Erst als mir alle 'Toi, toi, toi' und 'Viel Glück' gewünscht haben, wurde ich stutzig." Von der Aufregung aller Beteiligten, als festgestellt wurde, das der "Neue" Linkshänder sei und nun, so kurz vor der Eröffnung die Bühne für die Fotografen und Kameraleute umgebaut werden musste, damit nicht nur der Allerwerteste des OBs zu sehen sei, berichtet er so amüsant, dass es im Publikum kein Halten mehr gibt.

Zwischen Udes Auftritten sorgt Uli Bauer mit "aktualisierten" Liedern der Singspiele des Politikerderbleckens auf Nockherberg für Erheiterung. Leider ist er sonst nur selten auf der Bühne zusehen. Lediglich einmal treten die beiden gemeinsam auf. Jedoch nicht als Ude-Doppelpack, sondern als Lehrer und Schüler.

Das Auditorium ist trotzdem restlos begeistert: Am Ende will der Beifall gar nicht mehr aufhören und die Menschen fordern vehement eine Zugabe. Die geben die Ude und Bauer dann auch fast gemeinsam: Bauer singt ein Ständchen über das wohl teilweise doch recht harte Dasein eines Doppelgängers und Christian Ude hält das Notenblatt. In die letzte Strophe stimmt er sogar noch mit ein.

Nach drei Stunden, die vor allem durch das Unterhaltungstalent von Ude doch recht kurzweilig waren, ist dann ein Abend zu Ende, an dem die Münchner ihren Oberbürgermeister einmal von einer anderen Seite kennengelernt haben. Als talentierten Kabarettisten und als Menschen, der auch mal über sich selbst lachen kann. Damit ist er sicherlich eine Ausnahme unter der Spezies der Politiker.

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