Tod von Monti Lüftner: Verfahren eingestellt:Eine Sekunde im Blickfeld

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Vor knapp zwei Jahren wurde der Musikmanager Monti Lüftner von einem Lkw überrollt. Beim Prozess gegen den Fahrer widersprechen sich zwei Gutachter. Doch letztlich interessiert den Richter eine ganz andere Frage.

Christian Rost

Vier Stunden suchten die Prozessbeteiligten am Donnerstag im Münchner Amtsgericht nach einer Antwort. Und doch blieb am Ende offen, wie der Musikmanager Monti Lüftner am 7. Mai 2009 auf einem Wertstoffhof unter die Räder eines Lastwagens geraten konnte. Telefonierte er mit seinem Handy, war er in Gedanken und hatte nicht auf den 18-Tonner geachtet? Bückte er sich, um etwas aufzuheben, als sich das Fahrzeug in Bewegung setzte und den 77-Jährigen regelrecht zerquetschte? Weder ein Rechtsmediziner, noch ein Biomechaniker, noch zwei Verkehrsgutachter konnten die Frage klären, die auch den wegen fahrlässiger Tötung angeklagten Lastwagenfahrer Miklos K. quält.

Der Musikmanager Monti Lüftner ist bei einem Verkehrsunfall im Mai 2009 gestorben. (Foto: dpa)

Monti Lüftner, der die Plattenfirma Ariola mitgegründet und Stars wie Whitney Houston, Bob Marley und Cat Stevens vermarktet hat, räumte an jenem Maitag mit seinem Assistenten Stefan F. den Keller auf und fuhr gegen 16 Uhr Sperrmüll zum Wertstoffhof nach Garching. Auf dem Platz warteten Laster und Autos mit Anhängern vor der Waage, auf der die zu bezahlende Müllmenge bestimmt wird. Während sich der Assistenz ins Büro der Sammelstelle begab, stieg auch Lüftner aus dem Auto und setzte sich zunächst an den Bordsteinrand, wie ein Zeuge bemerkte.

Der Zeuge, ein Schlosser, hatte den Manager schräg angeschaut, weil er vermutete, dieser sei nur ausgestiegen, um beim Wiegen der Müllmenge zu schummeln. "Viele machen das so", sagte der Schlosser. Lüftner aber hatte anderes im Sinn, er schlenderte über den Wertstoffhof, weil ihn der Betrieb interessierte. "Er wollte das gerne mal sehen", sagte Assistent F.

Was dann geschah, konnte der Schlosser zumindest in Teilen beobachten. Lüftner ging langsam an einem Regal mit Rohren vorbei und stand dann direkt vor den Lastwagen von Miklos K. Der hatte seinen Müll abgeladen und wartete in einer Schlange vor der Waage an der Ausfahrt. Als sich das Fahrzeug vor ihm in Bewegung setzte, warf auch K. den Motor wieder an und fuhr los. Lüftner bemerkte er nicht. Der Schlosser sah aus kurzer Distanz, dass der Fußgänger unter den anfahrenden Lkw gezogen wurde. "Er hat sich dabei so komisch gedreht."

Verfahren gegen Geldauflage eingestellt

Sekunden später war Lüftner schon tot. Rechtsmediziner Randolph Pennig sagte, die Rippen des Opfers seien unter den Lkw-Reifen mehrfach gebrochen und hätten sich ineinandergeschoben. Dass Lüftner unter Drogeneinfluss stand, als er unter den Laster geriet, schloss Pennig aus. Weder Medikamente noch Alkohol oder Rauschgift seien in seinem Blut gefunden worden. Überhaupt war Lüftner nach dem Obduktionsergebnis vor dem Unfall ein kerngesunder Mann.

Miklos K. bekam einen Strafbefehl über 2700 Euro zugeschickt. Er legte Einspruch ein und ließ sich im Prozess von Manfred Plautz vertreten. Der Verteidiger stützte sich auf das Unfallgutachten eines Ingenieurs, der meinte, man könne nicht ausschließen, dass Lüftner erst in letzter Sekunde vor den Lkw gelaufen sei. Fahrer K. habe somit möglicherweise keine Chance gehabt, ihn zu bemerken.

Ein anderer Gutachter stützte den Vorwurf von Staatsanwältin Annerose Werlitz, die K. mangelnde Umsicht vorwarf. In diesem Gutachten heißt es, für mindestens eine Sekunde habe sich der 1,78 Meter große Lüftner im Blickfeld des Fahrers befunden. Das sei zwar ein sehr kurzer Zeitraum, aber immerhin. Die Ergebnisse der Gutachter waren für Richter Christian Lebert letztlich aber nicht entscheidend.

Mehr Gewicht hatte das Argument der Anklage, Lkw-Fahrer müssten grundsätzlich besondere Vorsicht walten lassen. Vorm Anfahren müssten sie einen Moment abwarten, zur Warnung hupen oder aufstehen, um auch Tote Winkel einsehen zu können. Und dennoch waren sich die Prozessbeteiligten am Ende einig, dass dem Angeklagten, der seit dem Unfall traumatisiert und berufsunfähig ist, nur eine geringe Schuld trifft: Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage von 600 Euro eingestellt.

© SZ vom 01.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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