Tod mit 90:Entschieden in die Höhe

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Zusammen mit ihrem Mann Walther schuf sie das Hypo-Hochhaus und zahlreiche andere Gebäude von moderner Eleganz und konstruktiver Kühnheit: Zum Tode der Architektin Bea Betz

Von Gottfried Knapp

Die wenigen Münchner Bauten, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Architekturgeschichte Deutschlands eingegangen sind, streben entweder extrem in die Breite wie Behnischs Olympiazelt oder aber entschieden in die Höhe wie Karl Schwanzers einprägsamer BMW-Vierzylinder oder das von Bea und Walther Betz in den späten Siebzigerjahren errichtete Hypo-Hochhaus, die Hauptverwaltung der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank. Wie kein anderes Bauwerk außerhalb der Innenstadt dominiert das Hypo-Ensemble den Himmel über München. Und wie die beiden zuvor erwähnten Bauten hat auch dieses Monument in den vergangenen Jahrzehnten nichts von seiner Überzeugungskraft verloren. Über einem schnittig elegant zu den Grenzen des Grundstücks vorstoßenden mehrgeschossigen Sockel erhebt sich das fast waghalsig zwischen vier Rundpfeilern aufgehängte, im Grundriss aus kristallinen Formen zusammengesetzte Hochhaus, das allen Arbeitsplätzen helles Tageslicht und lohnende Aussicht spendiert.

Mit diesem spektakulären Turmgebilde hat das Ehepaar Bea und Walther Betz wohl die größte Aufmerksamkeit erregt. Doch zuvor und danach haben sie in ihrem 1959 gegründeten, heute vom Sohn Oliver weitergeführten Architekturbüro zahlreiche Bauten von ähnlicher konstruktiver Kühnheit und moderner Eleganz entworfen. Man könnte allein über die Vielzahl der unterschiedlichen Ansätze, mit denen das Ehepaar Betz Wohnhäuser in dezidiert modernen Formen in offene Landschaften oder aber in beengte Gartengrundstücke hineinkomponierte, einen langen Aufsatz schreiben. Von Wohnscheiben im amerikanischen Villenstil, die auf dünnen Stützen pavillonartig über der Landschaft schweben, bis zu konzentrisch eng ineinanderkomponierten Räumen in einer pyramidenartigen Holzkonstruktion reichen die Varianten. Bei diesen Häusern konnte Bea Betz etwas von der Faszination vermitteln, die sie als Fulbright-Stipendiatin in den USA von den Villenbauten Frank Lloyd Wrights empfangen hat.

1981 nach sechs Jahren Bauzeit eröffnet: das Hypo-Hochhaus am Arabellapark. (Foto: Florian Peljak)

Als 1967 die Deutsche Botschaft in London um ein großes Bürogebäude erweitert werden musste, gewannen Betz Architekten den Wettbewerb. Sie reagierten auf die neoklassizistische Architektur des feinen Viertels um den Belgrave Square mit einem Bau, der die vertikalen und horizontalen Ordnungen der Umgebung exakt übernahm, aber mit betont modernen Formen paraphrasierte. Das hat damals nicht allen Beobachtern gefallen, ist aber von der Fachwelt mit mehreren Architekturpreisen gewürdigt worden.

Von den Bauten, die außerhalb Deutschlands entstanden sind, wäre noch der Deutsche Pavillon auf der Expo in Osaka oder das Deutsche Archäologische Institut in Istanbul zu nennen. Den kühnsten Ausbruch aus der Routine haben Bea und Walther Betz wohl am Hörsaalgebäude P4 der Universität Würzburg gewagt. Da sind unter einem in Stufen ansteigenden Betondach, das eine markante Linie in den Himmel zieht, zwei ansteigende trapezförmige Hörsäle mit ihren Emporen und Rampen zu einer dramatisch modellierten Architekturlandschaft zusammengefügt. Das Haus gilt heute als der bedeutendste Bauwerk des Brutalismus in Bayern; aus der Monotonie deutscher Hochschulbauten ragt es jedenfalls weit heraus.

3000 Angestellte haben aus dem Bau von Bea und Walther Betz stets tolle Ausblicke. (Foto: Reinhard Kurzendörfer/imago)

Wie sensibel die nach außen sich profilierenden Schulbauten von Bea und Walther Betz im Inneren auf die Bedürfnisse der Schüler, aber auch auf die sich wandelnden pädagogischen Anforderungen reagierten, lässt sich an dem in zwei weit auseinanderliegenden Bauabschnitten verwirklichten Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching und seinen vorbildlichen Außenanlagen besonders schön studieren.

Bea und Walther Betz waren wohl die einzigen Künstler Münchens, die von der Stadt sowohl mit dem Kulturpreis als auch dem Architekturpreis ausgezeichnet worden sind. Walther ist am 8. Januar 2010 gestorben, Bea am 20. Dezember 2018.

© SZ vom 24.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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