Tod der Parkhaus-Besitzerin:Kripo glaubt nicht an Raubmord

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Charlotte Böhringer hat den Täter wohl selbst in ihr Penthouse eingelassen.

Von Susi Wimmer und Christian Mayer

Die Ermittlungsgruppe "Parkhaus" arbeitet auf Hochtouren. 15 Männer und Frauen der Münchner Mordkommission versuchen seit Mittwoch, den gewaltsamen Tod der Unternehmerin Charlotte Böhringer aufzuklären. "Einen Raubmord können wir mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen", sagte gestern der Leiter der Mordkommission, Josef Wilfling, zur SZ. Nach bisherigen Erkenntnissen fehlten weder Wertgegenstände noch Schmuck oder Bargeld. Allerdings scheint der Täter etwas Bestimmtes gesucht zu haben, da insbesondere im Büro Schränke und Schubladen intensiv durchwühlt worden waren. Hinweise auf Verdächtige gebe es zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht, erklärt Wilfling.

Eine markantes Gebäude im Gärtnerplatzviertel: Das Parkhaus mit Tankstelle an der Baaderstraße 6 hatte Charlotte Böhringer von ihrem Mann Oskar geerbt, ebenso die großzügige Penthouse-Wohnung, die sich über den fünf Parkdecks befindet. Es ist die einzige Wohnung dort und damit von den Nachbarhäusern völlig abgeschottet. (Foto: Foto: SZ/Heddergott)

Angestellte und ein Neffe hatten die Leiche der Parkhaus-Inhaberin am Dienstagabend in ihrer Penthouse-Wohnung in der Baaderstraße gefunden. Die 59-jährige Witwe, die am Rande des Gärtnerplatzviertels über ihrer Parkgarage in einer luxuriösen Dachgeschosswohnung lebte, war mit einem "scharfrandigen, schweren Gegenstand" erschlagen worden, so die Polizei. Die Tote lag im Eingangsbereich der Wohnung.

Mutmaßungen, dass Charlotte Böhringer mit einer ihrer Bronzestatuen, die sich am Eingang befinden, getötet worden sei, widersprach Chef-Ermittler Wilfling: "Es gibt dort nur eine große Skulptur - und die ist noch immer da." Weil in der Wohnung keine entsprechenden Objekte gefunden wurden, muss der Eindringling die Tatwaffe wieder mitgenommen haben. Was auch ein Indiz dafür sein könnte, dass er keine Handschuhe getragen hat. "Er nahm wohl das Risiko auf sich, mit einem schweren, blutverschmierten Gegenstand aus der Wohnung zu laufen, weil sich auf der Tatwaffe seine Fingerabdrücke befanden", mutmaßt ein erfahrener Kriminalist.

Den Todeszeitpunkt grenzt Josef Wilfling auf Montag zwischen 18.15 und 21 Uhr ein. In diesem Zeitfenster muss der Täter wohl über das fünfstöckige Parkhaus nach oben an die Wohnungstüre von Charlotte Böhringer gekommen sein. Die Stahltüre führt direkt vom Parkhaus aus in die Wohnung, außen ist eine Gegensprechanlage angebracht. Da Charlotte Böhringer von Freunden als "sehr vorsichtig" beschrieben wird, kann es sein, dass sie den Täter gekannt hat. "Sie hat ihn mit großer Wahrscheinlichkeit selbst in die Wohnung gelassen", so Wilfling. Da Charlotte Böhringer in einem großen Freundes- und Bekanntenkreis verkehrte und laut Polizei "auch weit verzweigte Geschäfts- und Finanzbeziehungen" pflegte, zeichnen sich jetzt langwierige Ermittlungen für die Münchner Mordkommission ab.

Erschüttert zeigte sich gestern eine enge Vertraute der Getöteten. "Sie war ein liebenswürdiger Mensch, es ist eine unfassbare Tat", sagt Elisabeth Wicki-Endriss. Die Schauspielerin schildert ihre Freundin als fröhliche, aber zurückhaltende Person, die nach dem Tod ihres Mannes Oskar Böhringer 1995 sehr um ihre Sicherheit besorgt gewesen sei. Zu ihrer Penthouse-Wohnung oberhalb der Parkdecks gab es zwei mehrfach gesicherte Zugänge mit Lift, außerdem einen geheimen Zugangs-Code und ein elektronisches Überwachungssystem. "Sie hat selbstverständlich nur engste Freunde in ihre Wohnung gelassen", berichtet Wicki-Endriss. Gesprächsthema war der Mord gestern auch beim Montblanc-Empfang in der Trafo-Halle. "Dass ein solches Verbrechen in einer Stadt wie München möglich ist, hätte ich nicht für möglich gehalten. Es ist furchtbar", sagt Fürstin Inge von Wrede-Lanz, die das Opfer eher flüchtig von gesellschaftlichen Veranstaltungen kannte.

Um das Verbrechen aufklären zu können, hofft die Münchner Kriminalpolizei weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung und aus Charlotte Böhringers Bekanntenkreis. Personen, die am Montag nach 18.15 Uhr noch mit der Unternehmerin telefoniert, zu dieser Zeit anderweitig Kontakt mit ihr gehabt oder in der Baaderstraße etwas Verdächtiges bemerkt haben, sind gebeten, sich umgehend bei der Polizei (Telefon 2910-0) melden.

© SZ vom 19.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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