Tierpark Hellabrunn München:Ein Parkhaus schadet dem Zoo-Image

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Geht es ums Wohl der Natur - oder um den Kommerz?

"Platz für 1200 Autos" vom 21. September:

Nach etlichen Gutachten nun also noch "vorbereitende Untersuchungen" zum Parkhaus zur Frage, in wieweit das Landschaftsschutzgebiet und das Flora-Fauna-Habitat betroffen wären und welcher "Schaden" hier drohen könnte. Für den drohenden Imageschaden braucht es aber kein Gutachten mehr, wenn man zusätzlichen Freizeitverkehr in die Stadt holt, während man zugleich händeringend nach Möglichkeiten sucht, die Luft-Schadstoffe zu reduzieren, beziehungsweise die Grenzen von Naturschutzgebieten durch eine Institution ignoriert werden, zu deren Legitimation es gehört, uns Natur- und Umweltschutz näher zu bringen.

Laut Verband der zoologischen Gärten (VdZ), dem Dachverband der Zoos, ist die Umweltbelastung durch den Betrieb von Zoos oft geringer als die durch die Besuchermobilität. Daher tun Zoos in dessen Augen "gut daran, sich auf die Besuchermobilität zu fokussieren, wenn sie den mit ihrer Existenz zusammenhängenden Energieverbrauch und CO₂-Ausstoß wirksam reduzieren wollen. Für die Besucher sollen einerseits Anreize gesetzt werden, vermehrt mit den Öffentlichen oder mit Langsamverkehr anzureisen. Andererseits sollen sie dazu veranlasst werden, ihre Autos weniger zu benützen." Besucher werden aber kaum auf ihr Auto verzichten, wenn sie aufgrund der Vielzahl der Stellplätze davon ausgehen können, dass ihnen ihr Parkplatz sicher ist - im Gegenteil. Und von einer Verbesserung der Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, zu der auch Kombitickets gehören, will man in Hellabrunn partout nichts wissen. Stattdessen behauptet man einfach, "nicht jeder könne mit den Öffentlichen anreisen" - warum eigentlich nicht? Ich habe für meine Zoo-Besuche in Nürnberg, Salzburg oder Innsbruck nie ein Auto gebraucht. Ein Kinderwagen war auch kein Problem, schließlich wurde der dazu erfunden, die Mobilität mit Kleinkindern zu verbessern. Und für Rollstuhlfahrer gibt es ausreichend Parkplätze.

Aus Rentabilitätsgründen wird das Parkhaus aber wohl auch Nicht-Tierparkbesuchern offen stehen, was noch mehr Verkehr bedeutet. Und am Ende parken dann vielleicht die Fußballfans im Flora-Fauna-Habitat. Sieht so etwa Naturschutz aus? Zudem werden auf Tierparkhöhe noch mehr Feiernde und Griller an die Isar gelockt, dabei beunruhigt der Rauch die Tiere, und durch Silvesterknaller gab es auch schon Tierverluste. Und nun sollen laut Masterplan ausgerechnet die stressempfindlichen Mhorrgazellen näher an der Isar untergebracht werden - super Idee.

So langsam sieht man, was herauskommt, wenn die Diener des Kommerzes und nicht mehr Zoologen das Sagen haben. Das zeigt sich auch an der sich aus Gier nach Umsatzpacht immer breiter machenden Gastronomie. Sie sorgt per erhöhter Verweildauer der Besucher für einen höheren Parkraumbedarf und rückt dazu den Gehegen wie bei den Schildkröten regelrecht auf die Pelle, während neue Anlagen wie die der Schneehasen kaum die vorgeschriebene Mindestfläche einhalten, weil die Fluchtdistanz zum Besuchersteg bei der effektiv nutzbaren Fläche nicht entsprechend einkalkuliert wurde - Stege sind nichts für kleine Anlagen. Laut VdZ orientieren sich Zoos beim Bau neuer Gehege überdies nicht an Mindestgrößen, sondern streben eine möglichst optimale Haltung an - alles andere schadet dem Renommée und damit der Legitimation aller Zoos. Sabine Hartl, München

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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