Thomas-Mann-Gymnasium:Gericht muss Abi-Affäre aufklären

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Die Stadt sucht einen neuen Direktor für das Thomas-Mann-Gymnasium. (Foto: Michael König)

Ein Schüler des Thomas-Mann-Gymnasiums wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe die Lösungen der Abiturprüfung vorab erhalten - nun muss sich wohl das Münchner Verwaltungsgericht damit beschäftigen. Gegen den Schulleiter ermittelt die Staatsanwaltschaft, dessen Anwalt spricht von einer "Schmutzkampagne".

Von Melanie Staudinger

Mit der Abi-Affäre am städtischen Thomas-Mann-Gymnasium (TMG) wird sich nun wohl das Münchner Verwaltungsgericht beschäftigen. Die Lehrerkonferenz der Schule hat den Widerspruch des Schülers zurückgewiesen, mit dem dieser gegen die Bewertung seiner schriftlichen Abiturprüfung und einer Englischklausur mit null Punkten vorgehen wollte. Dies bestätigte sein Anwalt Rudolf Riechwald und kündigte an, gegen die Entscheidung vor Gericht zu klagen.

"Es geht um die Ehre eines hochbegabten Musikers", sagte er. Gegen den bereits im Sommer freigestellten Direktor ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ihm wird vorgeworfen, dem Schüler die Lösungen der Abiturprüfung vorab zugänglich gemacht zu haben. Parallel dazu läuft bei der Stadt ein Disziplinarverfahren gegen den Pädagogen.

Für die beiden Korrektoren am Gymnasium in Fürstenried und das bayerische Kultusministerium ist die Sache eindeutig: Am TMG hat ein Schüler bei der schriftlichen Abiturprüfung gegen die Regeln verstoßen. Sie stellten in der Klausur deutliche Übereinstimmungen mit dem Text des Erwartungshorizonts und den Antworten des Schülers fest. Im Raum steht deshalb der Verdacht, dass der junge Mann die Lösungen wohl vorher gekannt habe. Der Direktor der Schule soll sie ihm gegeben haben.

Der Schüler weist den Vorwurf über seinen Anwalt zurück. "Es gibt überhaupt keine Tatsachengrundlage, die rechtfertigt, das Abitur mit null Punkten zu bewerten", sagte Riechwald. Sein Mandant wolle Dirigent werden, dabei sei ihm die schlechte Note hinderlich. Durch die Bewertung in der schriftlichen Prüfung habe der Schüler nur ein Gesamtergebnis von acht Punkten im Fach Musik erreicht. "Der Bub ist besser als seine Musiklehrer. Das wird ihm aus Neid jetzt negativ ausgelegt", sagte Riechwald.

Auch der Direktor bestreitet, dass er die Musterlösung weitergegeben habe. Ebenso dementieren beide Männer, dass es zwischen ihnen einen sehr persönlichen Kontakt gebe, der über eine rein fachliche pädagogische Betreuung hinausgehe.

"Ein Anfangsverdacht besteht"

Staatsanwaltschaft und Stadt beurteilen die Situation offenbar anders. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einer möglichen Verletzung von Dienstgeheimnissen. "Unsere Vorermittlungen haben ergeben, dass ein Anfangsverdacht besteht", sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Nun müsse die Angelegenheit genauer untersucht werden.

Die Stadt als Träger des Gymnasiums hatte den Schulleiter nach Auftauchen der Vorwürfe bereits im Juli vorläufig von seinen Dienstgeschäften entbunden und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dabei geht es um ein angeblich unangemessenes Verhältnis zwischen dem Pädagogen und dem Schüler und darum, dass der Schulleiter Geheimnisse, also die Prüfungslösungen, preisgegeben haben soll, wie der Anwalt des Direktors Ulrich Ziegert bestätigt. Weil das Verfahren noch andauert, kann sich die Stadtverwaltung derzeit nicht dazu äußern.

Laut Ziegert aber entlasten bisherige Zeugenaussagen seinen Mandanten. "Die Vorwürfe haben sich nicht bestätigt", sagte er. So hätten die Befragten angegeben, dass der Direktor die verschlossenen Umschläge mit den Aufgaben am Tag des Musikabiturs im Beisein weiterer Lehrer geöffnet habe - und zwar eine Stunde vor Beginn der Klausur um 8.30 Uhr. Wenn überhaupt, habe es nur einen sehr kleinen Zeitraum gegeben, in dem die Unterlagen hätten überreicht werden können. Keinesfalls hätte diese Spanne aber ausgereicht, um die Lösungen auswendig zu lernen.

Für Ziegert steht fest: Seinem Mandanten soll etwas angehängt werden. "Das ist eine üble Schmutzkampagne", sagte er. Systematisch würden unhaltbare Anschuldigungen zusammengesucht, die den Schulleiter belasten sollen. Er rechne damit, dass die Stadt alles tun werde, damit der Direktor nicht an seine Schule zurückkehren könne. Sollte dies tatsächlich eintreten, werde er für seinen Mandanten vor das Verwaltungsgericht ziehen.

© SZ vom 17.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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