Teure Organisationsuntersuchung:Im Sozialreferat fehlt das Wir-Gefühl

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Es knirscht gewaltig zwischen Sozialamt, Jugendamt und Wohnungsamt. Eine Untersuchung soll nun Abhilfe schaffen - doch die kostet bis zu einer Million Euro.

Von Sven Loerzer

Im Sozialreferat knirscht es gewaltig zwischen der Führungsspitze, den Steuerungsbereichen und den Sozialbürgerhäusern. Dies geht aus dem Bericht des Beratungsunternehmens Prognos AG vor, das im Auftrag der Stadt eine vorbereitende Analyse für eine Organisationsuntersuchung erstellt hat.

Für diesen nächsten Schritt will das Sozialreferat nun bis zu 1,06 Millionen Euro ausgeben, um Abläufe und Strukturen im Interesse der Bürger zu verbessern. Im Kinder- und Jugendhilfe- sowie im Sozialausschuss des Stadtrats stieß das Vorhaben trotz der hohen Kosten auf keinerlei Widerstand.

"Einheitliches Verständnis von Führen und Steuern" fehlt

Der externe Blick auf das Sozialreferat, das seit vier Jahren Brigitte Meier (SPD) führt, fällt nicht gerade schmeichelhaft aus. Rollen und Verantwortlichkeiten der zentralen Einheiten im Referat seien nicht eindeutig geklärt, bemängelt das Beratungsunternehmen. Ein "einheitliches Verständnis von Führen und Steuern" fehle, was "zu Hürden in der Zusammenarbeit" führe.

Die drei zentralen Steuerungsbereiche des Sozialreferats - also Sozialamt, Jugendamt, Wohnungsamt - stimmten sich zudem nicht ausreichend ab. Das erschwere den Sozialbürgerhäusern, die Leistungen ganzheitlich zu erbringen. Umgekehrt beklagen die Ämter, dass sie ihre fachlichen Weisungen nicht unmittelbar durchsetzen können und wenig Einfluss auf die Auszahlung von Leistungen wie zum Beispiel Wohngeld oder Sozialhilfe in den Sozialbürgerhäusern haben.

Sie sehen den Bereich der Sozialbürgerhausleitung dabei als "Nadelöhr", das zu Verzögerungen im Vollzug führt. Die Prognos AG spricht deshalb von "mangelnder Koordination und Kooperation" zwischen Steuerung und Leistungserbringung.

Umgang miteinander macht Probleme

Beobachtet haben die Berater bei ihren Besuchen auch, "dass die Prozesse in den Sozialbürgerhäusern teilweise unterschiedlich ablaufen und unterschiedliche Kulturen vorherrschen". Allerdings ließen die Experten die Frage unbeantwortet, ob "die beobachteten örtlichen Verselbständigungstendenzen" in den zwölf Sozialbürgerhäusern ein Problem darstellen.

Hürden sehen die Gutachter auch an den Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Arbeitsbereichen in den Sozialbürgerhäusern, den freien Trägern, die im Auftrag Stadt soziale Leistungen erbringen, und dem Jobcenter, das Hartz-IV-Leistungen bezahlt. Dies behindert die Zusammenarbeit, die im Interesse der Hilfe suchenden Bürger reibungslos funktionieren sollte.

Probleme macht demnach auch der Umgang miteinander: Zwischen den Ämtern und den Sozialbürgerhäusern entstehe häufig der Eindruck mangelnder Offenheit und Akzeptanz. Mitarbeiter im Sozialbürgerhaus klagten, "die da oben wissen doch gar nicht, was wir tun". In den zentralen Ämtern dagegen heiße es, "die da unten müssen wir stärker anweisen, damit keine Fehler passieren".

Untersuchung dürfte 850.000 Euro kosten

Das Fazit der Prognos AG lautet deshalb: Eine "gemeinsame Identität, Wir-Gefühl und gemeinsame Verantwortung" bestehe zwischen den Steuerungsbereichen, der Sozialbürgerhausleitung und den Sozialbürgerhäusern "nicht in ausreichendem Maße". Stattdessen stehe "die Suche nach der Verantwortlichkeit für Fehler im Vordergrund".

"An der Verbesserung der Kommunikations- und Kooperationstrukturen wird im Sozialreferat bereits gearbeitet", berichtete Brigitte Meier in ihrer Stellungnahme für den Stadtrat. Alle weiteren Probleme sollen während der nächsten Schritte der Organisationsuntersuchung bearbeitet werden, um die Abläufe im Sozialreferat zu optimieren. Die Untersuchung muss EU-weit ausgeschrieben werden. Der geschätzte Auftragswert dürfte bei rund 850 000 Euro liegen. Falls das wirtschaftlichste Angebot den diesen Wert um mehr als 25 Prozent übersteigen sollte, muss allerdings erneut der Stadtrat mit der Vergabe des Auftrags befasst werden.

© SZ vom 16.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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