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Aids- und Hepatitis-Tage beschäftigen sich mit Flüchtlingen

Von Katharina Hamel

Flüchtlinge haben die Infektionsgefahr in Deutschland nicht relevant erhöht. Das sagte der Münchner Arzt Hans Jäger zum Auftakt der 16. Münchner Aids- und Hepatitis-Tage. Eine befürchtete Krankheitswelle sei ausgeblieben. Die Infektionsrate bei HIV liege zum Beispiel mit 0,1 Prozent in Syrien auf ähnlichem Niveau wie in Deutschland, sagte Jäger. Bei Hepatitis B sei die Rate mit 2,3 Prozent im Vergleich zur Bundesrepublik jedoch deutlich höher. "Was das Gesundheitssystem angeht, schaffen wir das." Jäger leitet die Aids- und Hepatitis-Tage, die alle zwei Jahre stattfinden. An diesem Wochenende treffen sich in Unterschleißheim etwa 1200 Ärzte, Psychologen, Therapeuten, Sozialarbeiter und Juristen und beschäftigen sich mit der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen.

Der Kölner Rechtsanwalt Jacob Hösl rief dazu auf, Flüchtlinge und Asylbewerber besser über Aids und andere Infektionskrankheiten aufzuklären. In vielen der Herkunftsländer werde das Thema tabuisiert. Die HIV-Tests, die in einigen Bundesländern wie Bayern standardisiert durchgeführt werden, würden den Betroffenen zwar Klarheit verschaffen. Es müssten aber mehr Präventionsangebote eingeführt werden, um künftige Infektionen zu verhindern.

Die Münchner Psychotherapeutin Michaela Müller kritisierte die knappe Frist von nur zwei Wochen, in denen Flüchtlinge laut dem Asylpaket II ärztliche Atteste für schwere Erkrankungen vorlegen müssten, die eine Abschiebung verhindern können. Selbst Kassen-Patienten in Deutschland hätten Schwierigkeiten, innerhalb dieser Zeit einen Termin beim Facharzt zu ergattern. Zudem ließen sich beispielsweise posttraumatische Belastungsstörungen nicht in so kurzer Zeit diagnostizieren. Wer Folter, Vergewaltigung und Todesangst erlebt habe, spreche nicht sofort darüber.

Die Experten diskutieren beim deutschlandweit größten Fachkongress zu Aids und Hepatitis aber auch über andere Themengebiete. So stehen Symposien und Vorträge zur kürzlich von Wissenschaftlern vorgestellten "Gen-Schere", die maßgeblich zur Heilung von Aids beitragen soll, zu lebenslangen Therapien und den Herstellungskosten von Hepatitis-Medikamenten auf dem Programm.

Der anlässlich der Konferenz zum 12. Mal vergebene Annemarie-Madison-Preis geht in diesem Jahr an Gabriele Feyler, die internationale Nachwuchswissenschaftler und ihre Familien an der Technischen Universität Dresden betreut und sich zugleich ehrenamtlich in dem Verein "Dresden für Alle" engagiert. Dort versucht sie einen Dialog zwischen Willkommensinitiativen und Pegida-Anhängern anzuschieben.

© SZ vom 12.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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