Tag des Notrufs:Alarm auf Twitter

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Hunderte von Meldungen laufen in der Leitstelle jeden Tag ein. (Foto: Jakob Berr)

Zum Tag des Europäischen Notrufs gibt die Rettungsleitstelle per Kurznachricht Einblick in ihren Alltag. Der ist oft unspektakulär: "Hier brennt ein Papierkorb."

Von Stephan Handel

Den ganzen Tag lang - eine Katastrophe nach der anderen. Atembeschwerden, Kollaps, Sturz, Zimmerbrand, Verkehrsunfall: Das ist der Alltag in der Rettungsleitstelle der Berufsfeuerwehr, wo so gut wie alle Notrufe der Stadt einlaufen. Zu erreichen ist die Leitstelle unter der 112 - diese Telefonnummer gilt seit 1991 in der gesamten EU, weshalb der elfte Tag des zweiten Monats im Jahr, also der 11.2., zum Tag des Europäischen Notrufs ausgerufen wurde.

Dieser Tag, der 11. Februar, begab sich am Donnerstag, und zu befürchten wäre gewesen, dass der Tag des Europäischen Notrufs genauso spurlos über München hinweggegangen wäre, wie es wahrscheinlich dem "Internationalen Tag des Radios" ergeht, der am morgigen Samstag im Kalender steht, oder dem "Internationalen Tag der Muttersprache" in der kommenden Woche, vom "Welttag der Poesie" am 21. März ganz zu schweigen. Die Berufsfeuerwehr der Stadt aber, die die Rettungsleitstelle bemannt und betreibt, wollte den Notruf-Tag auf besondere Weise begehen und entschied sich, einen ganzen Tag lang jeden einzelnen Notruf zu veröffentlichen, über Twitter.

Der Kurznachrichtendienst bietet sich an, denn schon kurz nach Beginn der Aktion zeigt sich, dass die Abkürzungssprache der Feuerwehrler recht gut zusammengeht mit der Obergrenze von 140 Zeichen, die Twitter anbietet. So teilen die Twitterer gegen Mittag mit: "Derzeit sind 53 RTW, NAW oder NEF (ohne KTW) im Leitstellenbereich im Dienst. Zusätzlich zwei RTH." Wollte man das übersetzen, wären die Zeichen schnell dafür verbraucht: Rettungswagen, Notarztwagen, Notarzteinsatzfahrzeug, Krankentransportwagen und Rettungstransporthubschrauber. So aber kommen die Tweets daher wie ein Text einer Deutschrap-Gruppe: "RTW von BRK ist unterwegs".

Die Anrufe - und damit auch die Tweets - kommen nicht im Minutentakt, sondern ständig, ohne Pause: Um 10.40 Uhr sind es 439 Alarme, um 13 Uhr 687 - darunter allerdings auch mehr als 100 "versehentliche oder bösartige Anrufe", was die Leitstelle gar nicht lustig findet: "Das sind verschwendete Ressourcen. Evtl. muss deshalb ein Notfall warten. Ansonsten aber ist das, so teilen die Twitterer mit, ein ganz normaler Einsatztag. Alarme bis ca. 15 Uhr: Insgesamt 869.

Die meisten Mitteilungen sind - glücklicherweise - unspektakulär: "Kollaps in einer Gaststätte in der Fußgängerzone, Aicher RTW ist auf dem Weg". "Ein HLF beseitigt gerade eine Ölspur im Münchner Süden" - die Meldung wird auch nicht spannender, wenn man weiß, dass HLF für"Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug" steht - 34 Zeichen, ein Viertel-Tweet übrigens. Es gibt natürlich auch dramatischere Einsätze, etwa der Bauarbeiter, der nach einem Sturz aus fünf Metern vom Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden muss. Das meiste aber berichten die Twitterer in unaufgeregtem Ton. Nur einmal verlieren sie die Contenance, gegen 16 Uhr: "Spektakulärer Einsatz in Straßtrudering. Hier brennt ein Papierkorb. Ein HLF der Wache 9 ist unterwegs."

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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