Tag der offenen Tür:Die Welt im Schaukasten

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Dioramen haben auch im digitalen Zeitalter nicht an Charme und Anziehungskraft verloren. Das Deutsche Museum zeigt, wie sie entstehen

Von Martina Scherf

Es sind kleine, lehrreiche, wunderbare Welten: die Dioramen im Deutschen Museum. Wohl kein anderes Museum pflegt die Kultur der Schaukästen so professionell und liebevoll. Mehr als 80 sind in den Sammlungen vertreten, und sie haben auch im digitalen Zeitalter nichts von ihrem Charme und ihrer Anziehungskraft verloren. Deshalb wird es sie auch in Zukunft geben. In den Werkstätten wird schon an neuen Modellen für die künftigen Ausstellungen gebastelt.

Am Anfang steht die Recherche, nach alten Kupferstichen, Fotografien, Beschreibungen der Szenerie, des Lebens zur damaligen Zeit und den Details, die nachgebaut werden sollen. Dann wird gezeichnet: Menschen, Tiere, Pflanzen, Landschaften und Städte, Maschinen und Bauwerke. Anschließend geht es an einen ersten Entwurf im Kleinformat - stimmen die Farben, die Größenverhältnisse, funktioniert das nachher beim Zusammenbauen überhaupt? Bildhauer, Maler, Modellbauer, Feinmechaniker, Schreiner, sie alle tragen dazu bei, dass eine perfekte Illusion entsteht. Und am Ende stehen die Besucher staunend vor dem Glaskasten und fühlen sich ins Alte Ägypten, an den Flugplatz der Brüder Wright oder in eine oberitalienische Tretmühle des 17. Jahrhunderts versetzt.

Das Wort Diorama kommt aus dem Griechischen und bedeutet etwa "Durchblick".

Das größte Diorama des Museums steht in der Starkstromhalle. Es ist fast vier Meter breit, stammt aus dem Jahr 1953 und zeigt, wie der Strom vom Erzeuger zum Verbraucher kommt, bis zum letzten Misthaufen, auf dem die Hühner kratzen. Die Bayernwerke hatten es damals gestiftet und gaben genau vor, wie die Stromversorgung dargestellt werden sollte. "Im Vordergrund steht das Walchenseekraftwerk", erzählt Wilhelm Füßl, der Archivleiter des Deutschen Museums, "aber es sollte klar sein, dass auch andere Energiequellen eine Rolle spielen. Wenig später begann ja das Atomzeitalter". Füßl hat zusammen mit Kollegen einen reich bebilderten und akribisch recherchierten Band zur Geschichte und den Hintergründen der Dioramen im Deutschen Museum herausgegeben.

Das jüngste Diorama steht in der Abteilung Meeresforschung und zeigt das Schiffslabor an Bord der Challenger, das der britische Naturforscher Charles Wyville Thomson und sein deutscher Kollege Rudolf von Willemoes-Suhm betrieben. Von den Gesichtern der beiden Männer über ihre Mikroskope und Reagenzgläser bis zum ledernen Einband der Bücher im Regal ist alles originalgetreu nachgebildet. Wer genau hinsieht, bemerkt, dass der Horizont hinter dem Fenster schwankt, wie es sich für eine Segelreise gehört. Bei Führungen durch die Werkstätten am Samstag können Besucher erleben, wie ein neues Diorama entsteht. Etwa der medizinische Hörsaal, in dem erstmals eine Zahn-OP mit Betäubung erfolgte. 1846 war das, in Boston, der Patient hat überlebt.

Tag der offenen Tür in den Museumswerkstätten am Samstag, 6. Mai, von 8 bis 16 Uhr (Treffpunkt auf dem Museumshof). Der Bildband ist im Buchhandel oder im Museumsshop erhältlich.

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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