"Tag der offenen Moschee":Faszination Islam

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Muslimische Gemeinden hatten beim diesjährigen "Tag der offenen Moschee" Zulauf wie noch nie.

Monika Maier-Albang

(SZ vom 4.10.2001) - Es gibt viele Dinge, die man an einem so strahlenden Sonnentag wie dem gestrigen tun kann: Bergsteigen, auf die Wiesn gehen - oder orientalisches Flair genießen. Falafel mit Cola etwa, garniert mit einem Streifzug durch die Moschee am Rande der Stadt. Für einen Besuch im Islamischen Zentrum in Freimann entschieden sich am Mittwoch mehr als 700 Münchner - so viele Gäste zum "Tag der offenen Moschee" hatte die Gemeinde in den Jahren zuvor nie gezählt.

Der Grund für den Besucheransturm ist nicht überraschend. Belegen doch schon die steigenden Verkaufszahlen bei Islam-Büchern, dass seit dem 11. September das Interesse am Islam in Deutschland enorm zugenommen hat.

"Eigentlich tragisch"

"Eigentlich tragisch, dass der Anlass ein so schrecklicher ist", findet Alexander Eichinger. Letztes Jahr schon hatte er sich den Besuch der Moschee vorgenommen. "Da war ich zu faul." Jetzt hat er sich aufgerafft, will mit eigenen Augen sehen, was er in Büchern schon gelesen hat.

Auf den Theologen übt der Islam in seiner friedfertigen Variante eine große Faszination aus. "Weil hier normale Gläubige praktizieren, was bei uns nur noch die strengsten Orden leben." Das tägliche Gebet, die Fastenregeln. Und dabei entsprächen, findet Eichinger, die Freimanner Muslime so gar nicht dem Klischee des "langbärtigen Eiferers".

In der Tat sind es vor allem Männer wie Roland Salim Köhler, die Führungen anbieten - in Jeans und mit bayerischem Akzent. Zum Islam konvertierte Deutsche. Das wirkt auf die Besucher vertrauter als die Männer im Kaftan, die Außendienst am Büchertisch tun. Hat aber auch einen praktischen Grund: Die Führer sprechen perfekt deutsch.

Offen sind 3 von 30 Gemeinden

Sprachschwierigkeiten macht Ahmed Shamel vom Freimanner Zentrum auch dafür verantwortlich, dass nur so wenige muslimische Gemeinden am Tag der offenen Moschee teilnehmen. In München beteiligten sich dieses Jahr gerade drei Moscheen: der Pasinger Ditip-Verein, die Moschee von Milli Görüs in der Landwehrstraße und eben das Freimanner Zentrum. Dabei gibt es hier mehr als 30 muslimische Gemeinden. Viele haben aber offenbar Angst davor, in einer heiklen Situation wie jetzt den Fragen der Gäste nicht gewachsen zu sein.

In Freimann allerdings hinterfragen die wenigsten Besucher die politische Einstellung der muslimischen "Brüder und Schwestern". Das Interesse gilt eher den Grundlagen des Islam: "Warum nehmen Muslime eine so ungewöhnliche Gebetshaltung ein?" Weil sie sich niederwerfen vor Gott, erklärt Köhler.

"Ist das Fasten schwierig?" "Nur am Anfang. Nach dem dritten Tag gibt es Energie."

"Und was machen Zuckerkranke?" Die seien vom Fasten natürlich befreit, sagt Köhler und macht zum Ende der Führung deutlich, dass die Gemeinde sich über die vielen Besucher "in dieser wahrhaft schweren Zeit" sehr freue. Und auch viele Gäste messen ihrem Besuch sehr wohl symbolischen Wert bei: "Wir müssen doch zeigen, dass wir nicht auf Konfrontation aus sind", findet zum Beispiel Elisabeth Pfahler-Scharf aus Schwabing.

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