SZenario:Im Schatten der Wiesn-Fehde

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Die Münchner Schausteller feiern das 40-jährige Bestehen ihrer Stiftung - und träumen von einem eigenen Museum

Von Franz Kotteder

OB Dieter Reiter ehrt Schausteller-Chef Edmund Radlinger. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Wenn es um die Wiesn geht, stehen die Schausteller ja immer im Schatten der großen Festzelte, zumindest bei den erwachsenen Wiesnbesuchern. Insofern war es Pech, dass die Münchner Schausteller-Stiftung ihr 40-jähriges Bestehen ausgerechnet in diesen Tagen feiert, in denen es seit Wochen um die Festzelte, die Umsatzpacht und die Deckelung des Bierpreises geht. Denn natürlich ist das alles auch beim Festakt im Augustinerkeller - so etwas wie das Stammlokal der Schausteller - am Mittwochabend ein wichtiges Thema. Auch weil fast alle einschlägigen Kontrahenten in dieser Auseinandersetzung versammelt sind. Vielleicht nicht direkt einträchtig, aber immerhin zum Teil am selben Tisch.

Besonders gespannt ist man unter den fast 400 Gästen aus Politik, Schaustellerei, Gastronomie und anderen Menschen, die mit dem Oktoberfest zu tun haben, auf Oberbürgermeister Dieter Reiter. Der hat die Schirmherrschaft für den Abend übernommen und äußert sich nach seiner Auszeit wegen Grippe erstmals wieder persönlich zum Thema. Das tut er sichtlich entspannt und mit diversen Spitzen gegen den Wiesn-Bürgermeister Josef Schmid (CSU), der während der Rede nicht ganz so entspannt dreinschaut. Er sei ja froh, sagt Reiter, dass die Veranstaltung stattfinde und nicht zwischendrin kurzzeitig abgesagt worden sei - eine Anspielung auf das Gespräch zwischen Schmid und den Wiesnwirten, das am selben Tag stattgefunden hatte und das Schmid beinahe hatte platzen lassen. Alle Beteiligten der Begegnung äußern sich am Abend übrigens in auffallend ähnlichem Wortlaut, fast wie abgesprochen: "Das Treffen war sachlich und harmonisch." Manche grinsen dazu.

Reiter spricht hingegen vom "Theaterdonner" und stellt fest: "Was in Sachen Bierpreis, Umsatzpacht und einen weiteren Wiesntag passiert, entscheidet weder der Wirtschaftsreferent noch der Wirtesprecher, sondern der Stadtrat - am 9. Mai." Und er hat noch eine Watschen für Schmid, der seine Pläne gerne "Wiesn-Reform" nennt: "Ich glaube nicht ernsthaft, dass die Wiesn eine Reform braucht."

Die kommenden Wochen werden also noch spannend, um das zu ahnen, dazu muss man keine Glaskugel und keine Handleserin bemühen. Doch Reiter kriegt die Kurve noch und betont, "dass die Wiesn doch deutlich mehr ist als nur Bierzelte". Edmund Radlinger, der Vorsitzende der Münchner Schausteller, bekommt von ihm dann die Medaille München leuchtet in Gold überreicht, eine der höchsten Auszeichnungen, die von der Stadt vergeben werden. Radlinger sagt, er habe schon nachgeschaut, was die Stadt sonst noch so zu bieten habe, und meint: "Das Ehrengrab auf dem Ostfriedhof mag ich doch noch nicht." Sodann würdigt er all die tapferen Mitkämpfer für die Münchner Schaustellertradition: den Wiesn-Stadtrat Hermann Memmel und seinen Stadtratskollegen Alfred Lottmann (beide SPD), die vor 40 Jahren den Anstoß gaben für die Gründung der Schaustellerstiftung. Und auch Florian Dering, der in seiner Zeit als Sammlungsleiter im Stadtmuseum viel dafür getan hat, wertvolle Exponate der Münchner Schausteller zu sichern. Memmel und Lottmann kommen selbst zu Wort, und Memmel erinnert noch einmal an den Plan, ein eigenes Museum für die Schaustellerei einzurichten. Nur leider fehlt es eben noch am passenden Ort und auch am Geld.

Kurz darauf sind die meisten Protagonisten der aktuellen Wiesn-Fehde weg. Vielleicht fürchten sie, dass man von ihnen jetzt auch eine Museumsabgabe will.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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