Syrer in München:Bangen um die Familie

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In ihrer Heimat geht das Regime brutal gegen Menschen vor, die für Demokratie und Freiheit demonstrieren. In München gehen deshalb immer mehr Syrer auf die Straße - in der Sorge, dass sie dadurch vielleicht ihre Angehörigen daheim in Gefahr bringen.

Melanie Staudinger

Mohammad Kahlawi fühlt sich schon fast als Münchner. Seit 15 Jahren lebt er hier, seine Heimat Syrien aber beschäftigt ihn noch immer. Kahlawis Familie wohnt in Damaskus. Für sie geht er auf die Straße. Kahlawi demonstriert seit Wochen - in München, Hamburg oder Berlin.

Syrien-Demo am Stachus
:"Schweigen tötet"

Sie können die Bilder von Toten und Verwundeten in ihrem Heimatland nicht mehr sehen. Zur Demo am Stachus haben sich am Donnerstag vor allem syrisch-stämmige Münchner zusammengefunden. Die Bilder.

Kristina Milz

Er will nicht mehr länger schweigen und zusehen, wie das Regime brutal gegen Demonstranten vorgeht, die für Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen. Anfangs konnte Kahlawi nur wenige Syrer in München für seine Demonstrationen gewinnen. "Viele haben Angst, dass ihren Familien in Syrien etwas passieren könnte, wenn sie in Deutschland aktiv werden", sagt Kahlawi. Auch er sorge sich um seine Eltern und Geschwister - wolle sein Gesicht aber jetzt öffentlich zeigen. "Die syrische Bevölkerung braucht unsere Unterstützung", erklärt er.

Und mittlerweile hat er auch in München einige Mitstreiter gefunden. In der vergangenen Woche demonstrieren gut 50 Menschen am Stachus, unterstützt vom grünen Bürgermeister Hep Monatzeder. In der Stadt München sind derzeit 519 Syrer gemeldet. Die Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber haben nach Angaben der Regierung von Oberbayern von Januar bis August 132 Flüchtlinge registriert. 2010 waren es lediglich 24.

Einer von ihnen ist Khalid Mohamed. Er kam, wie er berichtet, vor 20 Tagen in München an. Er verließ das Land, nachdem einer seiner Freunde nach einer Demonstration festgenommen wurde. "Ich weiß nicht, wie es ihm geht oder ob er überhaupt noch am Leben ist", sagt der junge Mann. Die Polizei habe die Wohnung seines Freundes durchsucht und sei anschließend auch zu ihm nach Hause gekommen. Seine Familie hat er seit Tagen nicht erreicht. Telefon- und Internetverbindungen würden ständig abgeschaltet.

Das kennt auch Anas H. Seinen vollen Namen will er nicht verraten. Aus Angst, wie er erklärt, weil seine Eltern noch in Syrien sind. "Ich mache mir große Sorgen, dass ihnen etwas passiert." Er sucht täglich nach Internetvideos, um wenigstens ein bisschen über die Lage in Syrien zu erfahren. Ab und zu gelinge es ihm, mit seiner Familie zu telefonieren. Und selbst dann müsse er aufpassen, weil es immer wieder vorkomme, dass die Leitungen abgehört werden. Anas H. würde gerne in seine Heimat zurückkehren, wenn es eine neue Regierung gibt. Auch Mohammad Kahlawi will beim Wiederaufbau eines demokratischen Syriens mithelfen. Deutschland ganz verlassen würde er aber nicht: "Ich bin hier und in Syrien daheim."

© SZ vom 06.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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