Symbolische Pfortenöffnung:Tore der Gerechtigkeit

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"Heilige Pforten" öffnet die Kirche - am Münchner Dom und an der Herz-Jesu-Kirche Neuhausen (Bild). (Foto: Catherina Hess)

Katholiken feiern den Auftakt des "Jahres der Barmherzigkeit"

Von Tom Soyer

Man kann sagen, dass Papst Franziskus Münchens gläubige Katholiken auch im Wortsinne bewegt: Denn Kardinal Reinhard Marx und viele hundert Christen haben das feierliche Pontifikalamt zum Auftakt des "Jahres der Barmherzigkeit" zunächst draußen vor dem Liebfrauendom begonnen, auf dem Frauenplatz. Auf einem kleinen Holzpodium hat Marx da gesprochen, umrahmt von Bläser- und Chormusik, die so etwas wie gehobene Feierlichkeit verströmt hat. Schließlich galt es ja, einen Aufruf von Papst Franziskus zu einem außerordentlichen Jubel- und Gnadenjahr umzusetzen, dessen Auftaktsignal vor allem geöffnete "Heilige Pforten" sein sollten. In diesem symbolischen Sinne ging am Sonntag nicht nur die 14 Meter hohe Glaspforte der Herz-Jesu-Kirche in Neuhausen auf, die sonst bis auf eine wesentlich kleinere "Pforte in der Pforte" geschlossen bleibt. Nein, auch am Liebfrauendom ließ Kardinal Marx die reich geschmückte "Brautpforte" (gegenüber der Mazaristraße) aufsperren und zog gemeinsam mit den Besuchern des Pontifikalamtes feierlich in den Dom ein.

"Öffnet die Tore der Gerechtigkeit, lasst uns eintreten, um dem Herrn zu danken", mit diesen Worten schritt er vor die Brautpforte. "Das ist das Tor des Herrn, durch diese Tür treten wir ein, um Barmherzigkeit und Gerechtigkeit zu erlangen!" Sprach's, und drinnen im Dom hob brausend die Orgel mit Joseph Gabriel Rheinbergers "Missa misericordias Domini" an.

Im gut gefüllten Dom mahnte Marx die versammelten Christen, sich auf das Wesen der Barmherzigkeit zu besinnen. Gerade "in diesen turbulenten Zeiten in der politischen Welt" - er nannte "Flüchtlinge" und die "Einheit Europas" als Themen -, gerade da sei es wichtig, sich auf christliche Identität zu besinnen. "Die ist nie gegen jemanden gerichtet; sie richtet sich gegen Hass, gegen Unterdrückung, gegen Krieg, gegen Ausgrenzung - aber nie gegen andere Menschen." Und so wie Gott Vater seine Barmherzigkeit "nicht von oben herab" erweise, "sondern von unten herauf", so würden "Menschen ermutigt, auch anderen nicht von oben herab zu begegnen", sondern auf Augenhöhe. Das, so Marx, gelte ausdrücklich auch für Priester, die "keine besondere Kaste" seien. "Sondern wir sind alle berufen, gemeinsam Kirche zu sein in einem pilgernden Volk Gottes." Das Jahr der Barmherzigkeit mit seinen offenen Pforten gebe dazu "neuen Schwung".

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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