Süßes für den SZ-Adventskalender:Zu viele Kalorien? Quatsch!

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Die Meisterschülerinnen Teresa Schönhofer (links) und Linn Christen mit einer ihrer Kreationen - eine Schatztruhe aus Schokolade. (Foto: Robert Haas)

Die Konditorinnen Teresa Schönhofer und Linn Christen arbeiten im Akkord. Das Ziel: 30 ungewöhnliche Torten für eine Gala

Von Giordana Marsilio, München

240 Torten und nur wenige Tage, um sie für die Gala rechtzeitig fertig zu bekommen. Die acht Teams, die sich an diesem Freitag eine Schlacht am süßen Büffet liefern werden, müssen vorher kräftig schuften. Jedes Team besteht aus drei Konditoren, und jede Gruppe muss 30 Torten vorbereiten. Darunter sind auch Teresa Schönhofer, 25, und Linn Christen, 26. Diese Woche ist für die beiden Münchner Meisterschülerinnen sehr stressig, denn: Die Zeit ist knapp.

Der Förder-und Spendensammelverein der Konditoren-Innung Bayern veranstaltet diese Tortengala regelmäßig im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse in München. Der Erlös geht an den Adventskalender der Süddeutschen Zeitung. Die Schülerinnen und Schüler der Städtischen Meisterschule für das Konditorhandwerk müssen dafür verschiedene Tortenkreationen liefern.

Die größte Herausforderung für die beiden Frauen ist aber dann doch noch eine andere, die steht ihnen im Juli bevor, da müssen sie die Prüfung zur Konditormeisterin absolvieren. Dafür müssen sie alle möglichen Arten von Torten und Süßigkeiten zubereiten: Eisbomben, Anschnitttorten, Baumkuchen, Marzipanfiguren, Teegebäck, Pralinen, Blätterteig und noch viel mehr. "Der größte Faktor in unserer Prüfung ist tatsächlich die Zeit", sagt Christen. "Wir haben 24 Stunden, verteilt über vier Tage, um alles zuzubereiten", ergänzt Schönhofer. Am meisten fürchten sich die beiden Konditorinnen vor dem Schaustück, eine Torte mit mehreren Etagen: "Das Problematische dabei ist vor allem die Stabilität", sagt Christen. "Wir müssen in der Lage sein, bei den Prüfungen auch die verschiedenen Techniken vorzustellen. Wir müssen die Torte dann tragen, durch die Treppe der Schule bis zu unserem Präsentationsraum, ohne dass sie runterfällt."

Eine Torte auf dem Boden, der Albtraum jedes Konditors, die viele Arbeit, die Zutaten, alles verschwendet. Das Gefühl kennt Schönhofer gut, denn ihr ist dieses Malheur schon mal passiert. "Was kann ich noch retten? Das ist der erste Gedanke, den ich hatte, als es passiert ist", erzählt sie mit im leichten bayerischen Dialekt. "Die Torte ist mir einfach aus der Hand gerutscht."

Christen und Schönhofer sind seit sechs respektive neun Jahren Konditorinnen. "Ich hoffe, eines Tages meinen eigenen Laden in München zu eröffnen", sagt Schönhofer. Für Christen ist dieser Traum sogar noch etwas realistischer, allerdings im Norden des Landes. Ihre Familie betreibt seit 1920 in Kiel einen Konditoreibetrieb. "Ich bin schon die fünfte Generation", erklärt sie. "Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich, als ich drei Jahre alt war und zum ersten Mal in den Pralinenraum reinkam, von der Schokolade auf einen Schlag begeistert war."

Auch bei Schönhofer waren es die Pralinen, die sie davon überzeugt haben, diesen Beruf zu wählen: "Ich wollte immer etwas Handwerkliches machen, und habe dann ein Praktikum bei einem Konditor gemacht", erzählt sie. "Als ich die Pralinen zum ersten Mal aus dem Ofen rausholte, waren sie so glänzend, das kennt man ja gar nicht. In dem Moment habe ich gespürt, wie kreativ dieser Beruf ist und dass er auch ein künstlerischer ist."

Die erste Liebe, in diesem Fall Schokolade, vergisst man bekanntermaßen nie, das gilt auch für Christen, deren Lieblingszutat Schokolade bleibt. "Ich kann so viel mit Schokolade kreieren: Torten, Schaustücke, Eis. Sie ist einfach unerschöpflich." Ähnlich, aber doch anders, sei das Nougat, womit Schönhofer am liebsten arbeitet: "Nougat hat vielfältige Geschmacksrichtungen wie zum Beispiel Mandel und Haselnuss. Man kann diesen Rohstoff sehr gut bearbeiten, denn er ist einerseits sehr fest, aber durch das Aufwärmen wird er weich und man kann ihn gut formen. Nougat ist einfach ein dynamischer Stoff."

Das Schöne an dem Beruf des Konditors: Man kann Torten entwerfen, aber es gehört auch dazu, sie zu probieren. In der heutigen Zeit, wo viele Menschen auf gesunde Ernährung und ihr Idealgewicht achten - ist dieser Job da nicht auch eine ständige Verführung? "Es heißt, dass man sich eine Schokotorte verdienen müsse, und manchmal wird Süßes schon fast mit einer Sünde verbunden", sagt Christen. "Ich finde, das ist Quatsch. Ich denke vielmehr, dass ich mit meinem Beruf etwas Gutes tue. Das Schönste an unserer Arbeit ist es doch, anderen eine Freude zu machen."

Linn Christen und Teresa Schönhofer sind zwei der besten Schülerinnen ihrer Klasse und dürfen im Herbst deshalb nach Japan reisen. Sie werden einen dreimonatigen Austausch in Tokyo absolvieren. Dort werden sie in einer Konditorei arbeiten und die europäische und insbesondere deutsche Konditortradition präsentieren. "Ich freue mich darauf, mehr über die Bohnenpaste zu erfahren. Die Japaner verwenden sie als Ersatz für Marzipan", sagt Schönhofer. Die Bohnenpaste ist tatsächlich eine Kernzutat der japanischen Dessertkultur, sie hat die Konsistenz einer Konfitüre und wird in verschiedenen Formen für Süßigkeiten verwendet, als schwarze oder rote Paste, die nach Maronen schmeckt.

Bevor sich die beiden jungen Frauen aber Gedanken über die Zutaten in Japan machen, müssen sie sich erst einmal auf diesen Freitag konzentrieren, auf die 240 Torten - das ergibt ihrer Schätzung nach mehr als 890 000 Kalorien. Doch trotz des Fitness-Trends sündigen die Leute auf der Handwerksmesse offenbar sehr gerne: In den vergangenen Jahren ist kein einziges Stück bei der Verlosung übrig geblieben.

© SZ vom 15.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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