Streit um Platz:Prügel für Straßenmusiker

Lesezeit: 2 min

Bettler attackiert 42-Jährigen und herbeigerufene Polizisten

Von Christian Rost

Der Streit um einen strategisch günstigen Platz in der Münchner Innenstadt ging für einen Straßenmusiker nicht gut aus. Er war mit einem Bettler aneinandergeraten, der den Musiker in seiner Nähe nicht duldete und versuchte, ihn mit Schlägen zu vertreiben. Das Opfer erlitt eine Gehirnerschütterung und mehrere gebrochene Rippen. Dem Bettler, der zudem auf Polizisten losging, droht nun die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Der Fall wird seit diesem Dienstag am Landgericht München I verhandelt. Ein 22-jähriger Arbeitsloser, der an einer paranoiden Schizophrenie leidet, ist laut Antrag der Staatsanwaltschaft München I so gefährlich für die Allgemeinheit, dass er untergebracht werden müsse. Zugrunde liegt dem ein Vorfall am 13. April dieses Jahres in der Sendlinger Straße. Vor einem großen Kaufhaus spielt schon seit 20 Jahren immer wieder ein Mann mit seinem Knopfakkordeon und hofft auf Zuwendungen der Passanten. Der 42-Jährige fliegt eigenen Angaben zufolge regelmäßig eigens von seiner Heimat, der Ukraine, nach München, um auf der Straße zu musizieren. Was ihn von anderen Straßenmusikern unterscheidet, ist nicht nur das Instrument, sondern auch seine Ausbildung: Er ist Doktor der Musikgeschichte. Bislang hatte ihm nie jemand seinen Platz in der Münchner Einkaufsstraße streitig gemacht.

An jenem Apriltag jedoch hatte sich bereits der junge Ungar zum Betteln in den Arkaden vor dem Kaufhaus Konen niedergelassen. Und er wollte nicht, dass dort noch jemand Posten bezieht. Als der Musiker auftauchte, entbrannte sofort ein Streit um den Platz. Der Musiker erinnert sich: "Ich habe mein Instrument ausgepackt. Da sagte er, er sei schon da." Also habe er sich einen anderen Platz ein Stück entfernt gesucht, berichtet der Akkordeonspieler weiter. Doch auch damit sei der Bettler nicht zufrieden gewesen. "Geh weg, das ist meine Straße", habe er gesagt.

Der Musiker bekam aufgrund des aggressiven Auftretens des 22-Jährigen Angst. Weniger um sich selbst, als um sein handgefertigtes Instrument. "Wenn es kaputt geht, kann ich mir kein neues leisten." Das Akkordeon befand sich noch im Instrumentenkoffer, als sich der Bettler auf den Musiker stürzte. Beide liefen um den Koffer herum im Kreis, wobei der jüngere den älteren Mann mit Faustschlägen traktierte. "Er hat mich geschlagen wie ein Boxer", sagt der Musiker. Insgesamt 15 Schläge habe er abbekommen, zuerst am Kopf, dann am Oberkörper. Passanten, die den Übergriff mitbekamen, riefen Polizei und Rettungsdienst.

Beim Eintreffen einer Streife hatte sich der Bettler längst nicht beruhig. Weil er sich weigerte, seine Papiere vorzuzeigen, wollten ihn die Polizisten fesseln. Doch dagegen wehrte er sich heftig. Er wand sich aus dem Haltegriff der Beamten und riss sich los. Zwei weitere Polizisten mussten eingreifen, um den Mann in den Griff und auf den Boden zu bekommen. Bei dem Gerangel versuchte er, einem Beamten mit dem Knie ins Gesicht zu stoßen, verfehlte ihn aber. Ein Polizist erlitt Abschürfungen an beiden Knien. Bei einem anderen wurde die Armbanduhr im Wert von 400 Euro beschädigt sowie die Hose zerrissen. Der Bettler zeigte den Einsatzkräften noch den Mittelfinger, ehe er abgeführt und zur Haftanstalt des Polizeipräsidiums gebracht wurde.

Vor der 10. Strafkammer des Landgerichts verhielt sich der Mann kooperativer. "Alles, was dort geschrieben steht, stimmt", sagt er zum Unterbringungsantrag der Staatsanwaltschaft. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: