Streit um die Bäder-Abendöffnung:Stille Wasser

Lesezeit: 3 min

Münchens Freibäder schließen in der Regel schon um 18 Uhr. Zwar gibt es Ausnahmen bei schönem Wetter - doch das reicht vielen Gästen nicht

Von Günther Knoll

Donnerstagmorgen, zehn Minuten nach sieben Uhr: Vor der Kasse des Dantebads, das um 7.30 Uhr öffnet, warten schon die Ersten. Sie suchen die Strahlen der wärmenden Sonne, es verspricht ein schöner Tag zu werden. In zehn Minuten dürfen sie rein, noch vor der offiziellen Öffnung. Pünktlich um halb acht gerät dann das 50-Meter-Becken ins Kochen, rechts die Sportschwimmer auf zwei abgetrennten Bahnen, links die, die es etwas gemütlicher angehen lassen. Es herrscht voller Betrieb. Sie sei einfach ein "großer Dante-Fan", sagt Dorothee Seeliger, bevor auch sie ins Wasser steigt. Sie ist nicht die einzige, die es so früh ins Dantebad nach Neuhausen zieht, denn dieses Bad ist geöffnet von morgens um 7 beziehungsweise 7.30 bis spätabends 23 Uhr.

Dorothee Seeligers Wunsch, "dass alle Münchner Bäder solche Zeiten wie das Dante hätten", ist verständlich angesichts der Öffnungszeiten für die Münchner Freibäder. Wer dort nach einem langen, heißen Arbeitstag Abkühlung und Entspannung sucht, hat es nicht immer leicht. In der Regel schließen die Bäder schon um 18 Uhr. Ausnahme: Bei "schönem Wetter" - dann ist bis 20 Uhr geöffnet. In der Region ist das genau anders rum: Ob Freisinger, Fürstenfeldbrucker oder auch Haarer, sie alle können ihr Freibad bis um 20 Uhr genießen, und das meist auch noch zu ermäßigten Abendpreisen.

Die Stadtwerke München (SWM), die für die Bäder der Stadt zuständig sind, argumentieren mit der Wetterstatistik. Die Bäderchefin selbst, Christine Kugler, war nicht zu sprechen, stattdessen gab es eine schriftliche Stellungnahme der SWM. "Im durchschnittlichen Münchner Sommer sind von ca. 140 Freibadtagen etwa ein Drittel (sehr) kühl und regnerisch (also definitiv kein Freibadwetter), ein Drittel durchwachsen und etwa ein Drittel schön bis sehr schön", heißt es darin. Mit den Schließzeiten verfahre man entsprechend. An Schlechtwettertagen machten die Bäder um 18 Uhr zu, denn da seien kaum Badegäste da und "eine Erweiterung der Betriebszeit auf elf Stunden bringt bei kühlem und regnerischem Wetter niemandem etwas, außer dass unsere Rettungsschwimmer frierend am Becken stehen und die Enten bewachen". An schönen und heißen Tagen - in der Regel über 40 pro Jahr - seien sie Freibäder bis 20 Uhr geöffnet. Das wird "zentral" entschieden und dann jeweils spätestens am frühen Nachmittag veröffentlicht.

1 / 3
(Foto: Robert Haas)

Im Dantebad kann man im großen Becken länger schwimmen.

2 / 3
(Foto: Claus Schunk)

Im Michaelibad sind Sprungturm...

3 / 3
(Foto: Claus Schunk)

...und Wasserschnecke nicht jeden Abend zu benutzen.

Und dann gibt es noch eine dritte Variante für die "durchwachsenen" Tage: "Sollte das Wetter schön und die Liegewiesen voll sein, dann reagieren die Badleiter kundenorientiert und verlängern die Öffnungszeit", heißt die entsprechende Passage auf der Homepage der SWM. Wie? Soll jetzt da einer, der bis 17.30 Uhr arbeitet, vorher einen Vertreter auf die Liegewiese schicken oder zumindest sein Badetuch dort hinterlegen? Und was heißt schönes Wetter? Schwimmen kann man auch bei grauem Himmel und 25 Grad Außentemperatur.

Diese Fragen stellen sich viele Badegäste offenbar nicht, denn laut SWM akzeptieren sie diese Regelung seit 20 Jahren ohne Probleme, wie die Umfragen ergäben. Der Mittelwert zum Punkt Zufriedenheit mit den Öffnungszeiten für das Jahr 2016 liege demnach bei 1,5 bei einer Skala von 1 bis 5 "ohne negative Ausschläge bei den Freibädern". Spontane Beschwerden gebe es "natürlich immer mal, der Fall, dass Badegäste an warmen und schönen Sommertagen vor verschlossenen Badpforten stehen, dürfte jedoch nicht häufig vorkommen". Noch eines ist der SWM wichtig: München hat seine Hallenbäder, die im Gegensatz zu vielen Kommunen im Umland auch im Sommer geöffnet sind. Weil viele von ihnen auch Liegewiesen haben, würden sie im Sommer teils sogar stärker genutzt als im Winter. Und für Berufstätige böten sich die Frühschwimmerzeiten im Dante- beziehungsweise Prinzregentenbad an.

Am Donnerstag sind alle Diskussionen über das Wetter unnötig: Er ist zu einem schönen Tag geworden, so dass auch das Michaelibad in Ramersdorf-Perlach bis 20 Uhr geöffnet hat. Doch kurz nach 18 Uhr sind Becken und Liegewiese relativ leer - trotz Schönwetter-Entscheidung. Das mag am EM-Halbfinale Deutschland gegen Frankreich liegen. Der stellvertretende Schichtleiter Thomas Helbig sagt, für ihn sei das mit der 20-Uhr-Öffnung schon am Morgen klar gewesen, die Stammgäste wüssten das ebenfalls. Was aber Besucherprognosen angehe, ist es für Helbig im Michaelibad "undurchsichtig, wann was los ist". Normal kämen nach 18 Uhr die Stammgäste, doch es erscheint Rosmarie Zarecky, die sonst zum Feringasee zum Baden fährt. Sie sei zufällig vorbeigekommen und wolle schwimmen, sagt sie. Dass das nach 18 Uhr nicht selbstverständlich sei, dass habe sie nicht gewusst. Warum nicht generell bis 20 Uhr geöffnet ist, das kann sie nicht verstehen. Noch mehr stört Rosmarie Zarecky, dass sie auch abends noch den vollen Eintrittspreis zahlen musste, anderswo gebe es Ermäßigung.

"Abends länger"

1 / 3
(Foto: N/A)

Timo Dörr aus Sendling: "Ich trainiere Triathlon, das kann ich nur außerhalb er Arbeitszeit. Deshalb fahre ich mit dem Rad dreimal in der Woche ins Dantebad zum Schwimmen. Gut wäre es, wenn auch die anderen Münchner Bäder abends länger geöffnet hätten, so haben die Berufstätigen ja gar nichts davon. Dass das Frühschwimmen in dem schönen Schyrenbad jetzt auch noch wegfällt, das finde ich schon eine Frechheit."

"Ein bisserl früh"

2 / 3
(Foto: N/A)

Eveline Pretsch aus Dachau: "Dass die Bäder um 18 Uhr schließen, das ist schon ein bisserl früh. Denn der Beruf oder die Familie lassen einen oft erst abends los, und wenn es dann im Sommer so heiß ist, dann möchte man schon gerne noch ins Bad und sich entspannen. Bis 20 Uhr könnte man leicht alle Bäder öffnen, die Sommer bei uns sind doch eh so kurz. Im Dantebad ist das ideal, deshalb komme ich auch aus Dachau immer hierher in mein Lieblingsbad."

"Einheitlich"

3 / 3
(Foto: N/A)

Jan Vosseler aus Haidhausen: "Ich nutze als Personaltrainer das Frühschwimmen hier im Dantebad, um mit meinem gegenwärtigen Kunden die Technik zu verbessern. München will doch eine Weltmetropole sein, da sollten eigentlich auch die Bad-Öffnungzeiten einheitlich sein. Am besten von 6 bis 21 Uhr, wenn es wirtschaftlich vertretbar ist. Morgens können dann die Fleißigen zum Schwimmen kommen und abends die Faulen."

Darauf hat das Personal keinen Einfluss, doch bei den Schließzeiten könne man großzügig sein, sagt Helbig. "Wenn sich am späten Nachmittag plötzlich der Himmel auftut ", dann könne man diese eigenständig lockern, sagt auch seine Kollegin, Felicia Williams, Schichtleiterin im Dantebad. Auch dort gibt es einen großen Freibadbereich, der dieser Regelung unterliegt und jeden Tag per abbaubarem Plastikzaun abgesperrt wird. Laut Williams ist es im Dantebad kein Problem, die Freibadbesucher um 18 Uhr "herauszukomplimentieren", denen stehe ja immer noch das große Becken im Stadionbereich und die Liegeweise zur Verfügung .

Auch wenn es also zu funktionieren scheint, klar ist die Regelung nicht. Die SPD-Stadtratsfraktion verlangt deshalb, dass sich die Öffnungszeiten der Freibäder nach nachvollziehbaren Kriterien richten sollen, damit die arbeitenden Münchner im Sommer regelmäßig auch nach 18 Uhr baden können. Nach dem Motto: 20 Uhr soll die Regel sein, Ausnahmen sind frühzeitig bekannt zu geben.

© SZ vom 09.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: