Streit mit Griechenland:Der Schulbau zu Babel

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An der neuen Griechischen Schule wird wieder gearbeitet, ein Ende ist aber nicht in Sicht und die Fristen verstreichen

Von Thomas Anlauf

Der große Kran kreist, hebt ein Paket Baustoff in die Höhe und lädt es ein paar Meter weiter rechts wieder ab. Von irgendwo in der riesigen Baustelle klingt Hämmern zur Hachinger-Bach-Straße, auf einem Gerüst steht ein Arbeiter und bohrt. Am Freitagmorgen um dreiviertel neun ist richtig was los auf der Dauerbaustelle, auch wenn ein Ende nicht in Sicht ist. Doch genau das sollte es nach Meinung des Münchner Stadtrats. In der Nacht zum Freitag lief die Frist ab, nach der die Griechische Schule zumindest so weit fertig sein sollte, dass sie ein Dach hat und sämtliche Fenster eingebaut sind. Doch der Rohbau steht seit langem fast unverändert da, nur ein Betongerippe mit Stahlstreben ragen in den weißblauen Himmel.

Fabian Ewald steht mit seinem Fahrrad am Rand der Baustelle und fotografiert mit dem Handy durch den Metallzaun. "In den letzten Tagen ging es ziemlich flott voran", sagt der CSU-Ortsvorsitzende von Berg am Laim. Es ist kurz nach 13 Uhr, die Bauarbeiter haben ihre Mittagspause beendet und greifen wieder zu den Werkzeugen. Weshalb gerade jetzt so fleißig gebaut wird, kann sich Ewald auch nicht erklären. Erst in der vergangenen Woche hatte der CSU-Fraktionssprecher des Bezirksausschusses Berg am Laim eine Stellungnahme verfasst, dass die "Rückabwicklung der Griechischen Schule konsequent und richtig" sei. "Die festgelegten Fristen waren Gegenstand eines Vergleiches zwischen der Landeshauptstadt München und der Republik Griechenland und wurden von der griechischen Seite selbst vorgeschlagen." Da ist Ewald einer Meinung mit dem Vorsitzenden des Bezirksausschusses, Robert Kulzer. "Ich weiß nicht, was für ein Spiel die Griechen treiben", sagt der SPD-Politiker. Der Bezirksausschuss habe das Projekt von Anfang an kritisch gesehen.

Die Stadt hatte im Jahr 2001 dem griechischen Staat das mehr als 15 000 Quadratmeter große Grundstück an der Hachinger-Bach-Straße günstig verkauft, der dort eine griechische Schule errichten wollte. 750 Kinder sollten dort in 24 Klassenzimmern und Lehrsälen unterrichtet werden. Doch der Bau verzögerte sich immer wieder, den vertraglich vereinbarten Baubeginn im Jahr 2012 ließ Griechenland verstreichen. Es kam zum juristischen Streit zwischen Stadt und der Republik Griechenland, im vergangenen September kam es zu einem Vergleich. Demnach sollte der Rohbau der Schule bis Ende 2015 fertig sein, ein Jahr später der Innenausbau. Spätestens Ende Juni 2017 sollten die Schüler einziehen. Wegen erneuter Verzögerungen beim Bau hieß es nun: Bis 30. Juni 2016 musste zumindest ein Rohbau mit Dach und Fenstern zu erkennen sein.

An diesem Freitag ist davon nichts zu erkennen, auch wenn auf der Baustelle wieder gearbeitet wird. "Des san ja bloß fünf Hansel, die da arbeiten", sagt ein direkter Nachbar. "Man hört und sieht meistens fast nix vom Bau." Er glaubt, dass an der ganzen Sache ein paar Firmen viel Geld verdienen und dann werde der Torso von der Stadt München wieder abgerissen. Das ist aber gar nicht so sicher. Denn die Kommune will das Grundstück von Griechenland zurück haben, um womöglich selbst eine Schule darauf zu bauen. Denn das benachbarte Michaeli-Gymnasium braucht deutlich mehr Platz.

Doch nun geht die ganze Angelegenheit wohl zunächst wieder an die Juristen. Ursprünglich wollte das Kommunalreferat bereits am Freitag Gutachter auf die Baustelle schicken, um festzustellen, dass der Bau nicht so weit fortgeschritten ist wie vertragsmäßig vorgesehen. "Die Frist ist bindend", sagt Bernd Plank, Sprecher des Kommunalreferats. Wenn es nicht noch "massive Gegenmaßnahmen seitens der Griechen" gebe, könne die Stadt mit dem Gutachten direkt zum Notar gehen. Zwar muss die Vollversammlung des Stadtrats Mitte Juli noch zustimmen, den Grundstücks-Verkauf an Griechenland rückgängig zu machen, doch letztlich sei das eine Formalität, sagt Plank.

Wie der griechische Staat mit der Situation umgehen wird, ist bislang unklar. Vor wenigen Tagen sagte Rechtsanwalt Georgios Vlachopoulos, der den Staat Griechenland vertritt, dass der 30. Juni "nur eine von mehreren Fristen" sei. Er gehe davon aus, dass der Schulbetrieb im kommenden Jahr aufgenommen werden könne. Am Freitag verwies Vlachopoulos an das griechische Generalkonsulat in München. Doch dort war am Freitag weder mündlich noch schriftlich eine Stellungnahme zu erhalten.

"Ich weiß nicht, was ich davon halten soll", sagt Costas Gianacacos. Dem Leiter des Griechischen Hauses in der Schwanthalerhöhe ist zwar bewusst, dass die Haltung des Stadtrats, das Grundstück zurückzufordern, einige Griechen in München verärgert hat. Doch der ehemalige SPD-Stadtrat ist sich sicher: "Die Stadt hat sich korrekt verhalten." An diesem Samstag wollen sich verschiedene griechische Initiativen treffen, um sich über die verfahrene Situation mit der griechischen Schule zu informieren, weiß Gianacacos.

Am Freitagmittag schiebt eine junge Frau einen Kinderwagen an der Baustelle der griechischen Schule vorbei. "Schon schade, dass da so lange nichts vorangegangen ist", sagt sie. Von der Baustelle dröhnt der Lärm eines Bohrers. Zumindest jetzt geht etwas voran. Doch es könnte zu spät sein.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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