Strafprozess:Unter Hebebühne begraben

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Sachverständiger vom Vorwurf fahrlässiger Tötung freigesprochen

Ein tödlicher Unfall auf dem Gelände einer Entsorgungs- und Recyclingfirma in Obersendling hat am Dienstag das Münchner Amtsgericht beschäftigt. Ein 72-jähriger Sachverständiger musste sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Die Staatsanwaltschaft hielt ihm vor, bei der turnusmäßigen Prüfung einer Hebebühne schwere Mängel nicht erkannt zu haben. Ein 52-Jähriger war am 10. April 2014 von der plötzlich absackenden Hebebühne, auf der sich ein Auto befand, begraben worden.

Der Mann hielt sich mit einem Bekannten auf dem Areal an der Geretsrieder Straße auf, um nach verwertbaren Kfz-Teilen zu suchen. Gegen 14 Uhr wurden die beiden auf ein weißes Auto aufmerksam, das auf der im Freien stehenden Hebebühne aufgebockt war. Um nachzusehen, ob sich in dem Wagen brauchbares Material befindet, betätigten die Männer den Schalter an dem Gerät und fuhren das Auto mehrmals auf und ab - wozu sie nicht befugt waren. Plötzlich fiel der Tragarm samt dem Pkw ruckartig nach unten und traf den 52-Jährigen am Kopf. Er starb infolge eines offenen Schädelhirntraumas.

Wie eine Untersuchung des Geräts ergab, waren an einer Schraube die Mutter und eine zusätzliche Sicherheitsmutter abgerissen. Zudem war ein Sicherheitsschalter vorsätzlich außer Betrieb gesetzt worden. Hätte dies der Sachverständige Helmut W. bei der letzten Prüfung der Anlage im November 2013 erkennen können und müssen? W. sagt, die Hebebühne sei damals in Ordnung gewesen, er habe sie vorschriftsmäßig kontrolliert. "Ich kann mir nicht erklären, wie das passieren konnte."

Ein vom Gericht beauftragter Gutachter stellte fest, dass die Schraube samt Muttern verschlissen waren und die Hebebühne nur noch funktionierte, weil am Sicherheitsschalter manipuliert worden war. Wer das getan hatte und wann, konnte der Experte nicht feststellen. Vermutlich geschah dies aber nach der Prüfung der Anlage durch den Angeklagten, der beteuerte: "Ich bin seit 45 Jahren im Geschäft und habe immer gewissenhaft gearbeitet."

Neben der Verteidigung beantragte nun auch die Staatsanwaltschaft einen Freispruch. Entsprechend entschied Amtsrichter Thomas Müller: Alles spreche dafür, dass Helmut W. die Hebebühne ordnungsgemäß abgenommen habe.

© SZ vom 25.03.2015 / chro - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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