Strafprozess:Rückfall nur zehn Tage nach der ersten Verurteilung

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Mit gestohlenen Adressen und Kreditkartennummern orderte ein Computerbetrüger Elektronikartikel. Nun muss er zwei Jahre und zwei Monate in Haft

Von Christian Rost

Gestohlene Daten werden im Internet gehandelt wie ganz normale Ware. Auf den dunklen Seiten, im sogenannten Darknet, bieten Betrüger geklaute Adressen samt Kreditkartennummern und Ausweiskopien der ahnungslosen Inhaber zum Preis von nur 30 bis 50 Euro an. Kellner David J. machte sich das zunutze und kaufte mit solchen Datensätzen bei Onlinehändlern hochwertige Elektronikartikel im Wert von 13 000 Euro ein.

Weitere Bestellungen im Wert von 25 000 Euro wurden nicht geliefert, weil die Händler misstrauisch geworden waren. Wegen Computerbetrugs in letztlich 39 Fällen wurde der einschlägig vorbestrafte Mann nun am Landgericht München I verurteilt. Er muss zwei Jahre und zwei Monate in Haft.

Von Salzburg aus hatte J. seine nebenberuflichen Betrügereien von Juli bis September 2014 eingefädelt. Erst besorgte er sich auf den von Kriminellen betriebenen Internet-Portalen die gestohlenen Datensätze, wobei auch das ein "Glücksspiel" gewesen sei, wie der geständige Angeklagte vor Gericht erläuterte. Auf den Portalen tummelten sich nämlich auch Betrüger, die sich darauf verlegt haben, andere Betrüger hereinzulegen mit nicht funktionierenden Datensätzen. Kriminelle sind halt keine Ehrenmänner, und deshalb bestellte David J. stets gleich mehrere Datensätze, um wenigstens einen Treffer zu landen. Ob die Kreditkartennummern noch funktionierten oder schon von ihren Besitzern gesperrt worden waren, testete der Mann ausgerechnet auf der Internetseite des "Bundesanzeiger". Er stellte ein kostenpflichtiges Auskunftsersuchen - beispielsweise zum Insolvenzverfahren einer Firma - und gab zur Zahlung eine der gestohlenen Kreditkartennummern an. Klappte die Abbuchung beim "Bundesanzeiger", setzte er die Kartendaten weiter für den eigentlichen Zweck ein: J. bestellte Telefonkarten, Handys und Laptops bei Onlinehändlern und ließ sich die Waren an Packstationen in Frankfurt und München schicken, um die Elektronikartikel dann zu verkaufen. Gestohlene Adress- und Personendaten verwendete er auch, um an den Packstationen Paketfächer nutzen zu können.

Alternativ werden im Darknet auch Adressen von leer stehenden Wohnungen angeboten, an die sich Betrüger ergaunerte Ware schicken lassen können. Der 38-jährige J. hielt aber die Paketfächer für die bessere Wahl, was sich als Fehleinschätzung erweisen sollte. Anfang September vorigen Jahres ließ er sich von einem Bekannten von Salzburg aus nach München fahren, um an einer dortigen Packstation mehrere Sendungen abzuholen. Was er nicht ahnte: Auch die Polizei hatte ihm ein Paket geschickt, einen leeren Dummy, nachdem ein Onlinehändler einen Betrugsverdacht angezeigt hatte. Als J. dann die Paketfächer öffnete, empfingen ihn zwei Kriminalbeamte. Der Betrüger versuchte noch, zu Fuß zu flüchten, wurde aber geschnappt. In seinem Rucksack fanden sich Laptops und Prepaid-Handys, die für die Taten verwendet worden waren.

Am Landgericht konnte der Mann nicht mehr auf eine Bewährungsstrafe hoffen. Nur zehn Tage, bevor er wieder angefangen hatte mit seinen Computerbetrügereien, war er zu einer Bewährungsstrafe wegen ähnlicher Taten verurteilt worden. Sein Verteidiger Uwe Paschertz ließ sich deshalb auf einen Deal mit Gericht und Staatsanwaltschaft ein, wobei eine Vollzugsstrafe im unteren Bereich vereinbart wurde. Das Geständnis, das J. dann vor der 10. Strafkammer ablieferte, war beeindruckend. Es zeigte, wie einfach es ist, mithilfe des Internets andere Leute um ihr Geld zu bringen.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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