Strafprozess:Mit der Flex Tresore geknackt

Lesezeit: 2 min

Zusammen mit vier weiteren Männern soll ein 41-Jähriger fünf Einbrüche begangen und 70 000 Euro erbeutet haben

Von Susi Wimmer

Er leide, seit er in Haft sei, ab und zu unter Schwindel, sagt Gelu R. vor Gericht. "Schwindel, der, Substantiv, maskulin", so steht es im Duden, umfasst zwei Bedeutungen. Zum einen das Gefühl, es drehe sich alles um einen, und zum anderen eine bewusste Täuschung, eine Irreführung. Gelu R. als gnadenlosen Schwindler zu bezeichnen, käme einer Vorverurteilung gleich. Was der 41-Jährige allerdings am Montagvormittag vor dem Schwurgericht abzieht, lässt Richterin und Staatsanwältin abwechselnd fast aus der Haut fahren. Zufällig, so behauptet der gebürtige Rumäne, sei er binnen eines Jahres zu einem Autokauf oder ähnlichem fünfmal in Deutschland gewesen, zufällig habe er Landsmänner getroffen und zufällig sei er gebeten worden, Tresore in Tankstellen, bei McDonald's und bei einem Anhängerverleiher mit einem Plasmaschweißer zu knacken. Stundenlang erzählt Gelu R. von Zufällen, Nichtigkeiten, weicht Fragen aus - bis dem letzten Zuhörer schwindlig ist.

Die Anklage ist glasklar formuliert. Sie wirft Gelu R. und vier weiteren Männern vor, zwischen Sommer 2014 und Sommer 2015 fünf Einbrüche in und um München verübt sowie Bargeld, Zigaretten und Telefonkarten im Gesamtwert von gut 70 000 Euro erbeutet zu haben. Und zwar gar nicht so zufällig, sondern sorgfältig ausbaldowert, die Objekte gut ausgespäht und mit entsprechendem Werkzeug ausgerüstet. Im Juni 2014 stiegen sie in einen Kiosk an der Heinrich-Wieland-Straße ein, deckten die Videoüberwachungskamera mit einem Lappen zu und nahmen Tabak, Zigaretten und Bargeld mit. Bei Gelu R. klingt das etwas anders. 2013 habe er bei einem Autokauf in Griechenland in einem Club Rumänen kennengelernt. Die hätten ihm die Nummer eines Türstehers in München gegeben, der weiß, wo man günstige Autos kaufen könne. Also sei er im Sommer 2014 nach München gefahren, weil er einen Geländewagen kaufen habe wollen. Und dann habe er diesen Mann angerufen. Der sowie sein Cousin hätten ihm ein Zimmer bei einem anderen Mann vermittelt, dort sei er dann wochenlang geblieben. Zwei der Männer seien zum Stehlen in Kirchen gegangen. "Ist das nicht eine Sünde?", fragt er empört. Ja, und dann habe einer der Männer von diesem Kiosk erzählt, und er sei mitgefahren, nur um die Zigaretten herauszutragen. Und eine Woche später habe der Mann was von einer Tankstelle erzählt und dass er keinen Tresor aufflexen könne. "Das kann ich", habe er dann geantwortet.

Tatsächlich brachen die fünf Männer innerhalb von einem halben Jahr zweimal in dieselbe Tankstelle in Feldkirchen ein. Sie hatten eine Leiter dabei, um durch die Oberlichte zu gelangen, zwickten zuvor die Telefonleitungen durch, um einen stillen Alarm zu unterbinden und hatten sogar eine Abdeckplane dabei, um sich vor dem Funkenflug beim Flexen zu schützen. Auch an mehrere Wasserflaschen zur Kühlung des Schweißobjekts hatten sie gedacht. Mehr als 36 000 Euro erbeuteten sie dort. Nächstes Objekt war ein Anhängerverleih in Trudering und schließlich eine McDonald's-Filiale in Oberschleißheim.

Glaubt man Gelu R., so tat er es für ein Butterbrot. "800 Euro etwa" habe er nach dem ersten Einbruch erhalten, behauptet er. "Bei einer Beute von 16 000 Euro", hakt Richterin Elisabeth Ehrl nach. Gelu R. windet sich, schweift ab, und erst als Ungeduld in der Stimme der Richterin mitschwingt, sind es plötzlich "vielleicht 1800 Euro oder mehr". So geht das über zwei Stunden lang.

Vorab hatte es schon ein Rechtsgespräch gegeben, aber Staatsanwaltschaft und Verteidigung kamen zu keiner Einigung. Gelu R. räumt die Taten ein, zwar zögerlich, aber er redet. Für das Strafmaß wird ausschlaggebend sein, welche Rolle der 41-Jährige in der Einbrecherbande spielte. War er der Kopf, der Planer? Nein, behauptet der Rumäne, zwei andere hätten die Vorarbeit geleistet. "Aber Sie waren wichtig. Sie konnten Tresore aufschweißen", hält ihm die Richterin vor. Gelu R. windet sich wieder, schwafelt. Drei seiner Mittäter sind bereits verurteilt. Sie sollen zum Teil auch in diesem Verfahren erneut aussagen. Da wird sich zeigen, ob auch sie unter Schwindel leiden.

© SZ vom 13.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: