Streit um Weßlinger Umfahrung:Wörthsee kämpft weiter

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Trauriger Anblick bei Mitterwies: Hier verläuft die Trasse der Weßlinger Umfahrung. (Foto: Bund Naturschutz)

Auch wenn am Montag der Bau der Weßlinger Umfahrung beginnt, lässt die Nachbargemeinde nicht locker. Ein neuer Gutachter soll untersuchen, ob die Straße das Trinkwasser nicht doch gefährdet.

Von Christine Setzwein und Wolfgang Prochaska, Wörthsee/Weßling

Wenn am kommenden Montag am südlichen Ortseingang von Weßling die Bagger anrollen zum offiziellen Baubeginn der Weßlinger Umgehungsstraße, geht für die Weßlinger ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung: Mit der Umfahrung erhoffen sich die Bürger weniger Verkehr, weniger Lärm und bessere Luft in ihrer Ortsmitte. Wenn am Montag die Bagger anrollen, ist für die Nachbarn in Wörthsee der Kampf gegen die Straße, die durch ihr Trinkwasserschutzgebiet führt, offensichtlich verloren. Aber Aufgeben ist nicht. Aufgeschreckt durch einen Bericht des Bund Naturschutz (BN) sind die Gemeinderäte nicht abgeneigt, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben.

Beim Bau der Weßlinger Umfahrung "missachtet das Staatliche Bauamt die Vorschriften zum Schutz der Natur", geißelt BN-Kreisvorsitzender Günter Schorn in einer Pressemitteilung. So hätte zum Beispiel nach dem 1. März wegen brütender Vögel und des Beginns der Amphibienwanderung auf der Trasse nicht mehr gearbeitet werden dürfen. Laut Planfeststellungsbeschluss hätten im nördlichen Bereich die Zauneidechsen-Quartiere überprüft und in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde geeignete Alternativen geschaffen werden müssen. Schorn: "Dies ist alles nicht passiert." Stattdessen seien im gesamten Bereich bis Ende März die Wurzelstöcke der gefällten Bäume herausgerissen und zerhackt worden. Weil auch nachts gearbeitet worden sei, wurde "weit über die festgelegte, blaumarkierte Kennzeichnung hinaus gerodet".

Was die Wörthseer aber vor allem aufhorchen ließ, war der Bericht von Helmut Dauschek. Der Weßlinger Diplom-Geologe ist von der Gemeinde Wörthsee damit beauftragt, die Bauarbeiten zu beobachten. Dauschek hatte am Dienstag Bürgermeisterin Christel Muggenthal mitgeteilt, dass bei Baggerarbeiten im Bereich der S-Bahn-Brücke eine vermutliche ehemalige Mülldeponie angegraben worden sei, die am nächsten Tag sehr schnell wieder mit einer Folie und Kies wieder abgedeckt worden sei. In der Gemeinderatssitzung am Mittwoch sagte Muggenthal, sie habe diese Beobachtungen sofort an die Wasser- und Abwasserbetriebe AWA-Ammersee weitergeleitet. Die wiederum würden sofort das Wasserwirtschaftsamt benachrichtigen. Aber egal, ob es um das Amt oder die Genehmigungsbehörde, die Regierung von Oberbayern, gehe, immer komme nur die Antwort, es sei alles bereits im Planfeststellungsverfahren zur Genüge geprüft worden, für das Wörthseer Trinkwasser bestehe keine Gefahr.

Der Weßlinger Bürgermeister Michael Muther betrachtet die neuen Entdeckungen der Wörthseer äußerst gelassen. Zur angeblich ausgegrabenen Mülldeponie meinte er auf Anfrage: "Die Deponie ist seit vielen Jahren freigegeben." Wenn genügend Oberboden aufgeschüttet werde, könne man darauf sogar Landwirtschaft betreiben. Zudem habe man die Auflage beachtet, dass in diesem Bereich keine Versickerung möglich sei. Muther glaubt daher, dass auch ein neues Gutachten den Bau der Straße nicht verhindern werde. Dennoch haben ihn die Demonstrationen in den vergangenen Monaten zugesetzt. Den offiziellen Spatenstich am Montag will er möglichst "nicht an die große Glocken hängen", da womöglich der Wörthseer Bund Naturschutz mit Transparenten und Plakaten anrückt. "Wir haben keine Abgeordneten eingeladen und werden nicht groß feiern", sagte er am Donnerstag im Gespräch mit der SZ. Er werde ein paar Worte und sagen und den Rest den Leiter des Staatlichen Bauamts Weilheim, Michael Kordon, überlassen.

Der Treffpunkt ist jene Stelle, an der künftig der Kreisel stehen wird. Dieser soll bekanntlich den Verkehr auf die Umfahrung lenken. Allerdings hat diese Regelung einen Makel: Die Abfahrt nach Weßling kommt zuerst. Erst, wer um den Kreisel fährt, wird über die neue Straße zur Autobahnanschlussstelle Wörthsee geschickt. Deshalb haben sich die Weßlinger bei der Planung schon viele Gedanken gemacht, wie man verhindern kann, dass die Autofahrer die Ausfahrt nach Weßling nehmen. Eine kleine Kurve und viel Grün soll die Sache beschwerlicher machen und damit unattraktiver.

Die Eröffnung der Umfahrung ist für Ende 2016 datiert, aber daran glaubt man beim Verein für Verkehrsberuhigung Weßling nicht mehr. Wie die Vorsitzende Felicitas Leitner erläuterte, rechnet sie mit der Fertigstellung im Frühjahr 2017. Bis dahin will der Verein, der sich seit Jahrzehnten für die Umfahrung eingesetzt hat, schon mit konkreten Vorschlägen zur Umgestaltung der dann zur Gemeindestraße herabgestuften Staatsstraße zur Hand sein. Dazu sollen laut Leitner ein Durchfahrtsverbot für LKW, Tempo 30 und die Regelung Rechts vor Links gehören. Blumenkübel und Schrägparkplätze sollen ebenfalls die Durchfahrt durch Weßling erschweren. "Wir klären juristisch noch diese Möglichkeiten ab", sagte sie.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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