Verschwundene Stimmzettel:Starnberg muss erneut wählen

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Die Wahl des Starnberger Stadtrats ist ungültig: Weil der Verbleib von acht Stimmzetteln trotz aufwendiger Prüfung nicht aufgeklärt werden kann, müssen die Bürger erneut an die Urnen. Noch nicht entschieden ist allerdings, ob es zu Nach- oder Neuwahlen kommt.

Von Peter Haacke, Starnberg

Jetzt ist es amtlich: Die Wahl des Starnberger Stadtrats vom 16. März ist ungültig. Das Landratsamt hat am Freitag den Bescheid an etwa 230 Betroffene versandt, auf 55 Seiten findet sich eine ausführliche Begründung. Sollte die Entscheidung bis voraussichtlich 10. Januar rechtskräftig sein, wird das Landratsamt einen Wahltermin festlegen. Noch nicht entschieden ist, ob es zu Nach- oder Neuwahlen kommt: Dies hängt davon ab, ob die Wahl bis Sonntag, 15. März 2015, stattfinden kann und ob hinreichend viele Ersatzleute von den ursprünglichen Wahlvorschlägen zur Verfügung stehen. Kann die Frist jedoch nicht eingehalten werden oder stehen keine Bewerber mehr zur Verfügung, gibt es eine Neuwahl, die dann voraussichtlich im Frühsommer stattfindet. Der Bescheid kann beim Verwaltungsgericht beklagt werden, die WPS hat diesen Schritt bereits im Stadtrat angekündigt.

Wer die Wahl hat, hat bekanntlich die Qual: Wohl selten zuvor hatte diese Volksweisheit mehr Gültigkeit als in der Folge der Kommunalwahlen in Starnberg. Von Beginn an hatte es Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit des Urnengangs gegeben, im Rahmen einer aufwendigen monatelangen Prüfung stellte das Landratsamt schließlich diverse Ungültigkeitsgründe fest. Insgesamt konnten Herkunft oder Verbleib von acht Stimmzetteln in fünf Stimm- und Briefwahlbezirken nicht aufgeklärt werden. Dies entspricht einer Anzahl von 240 Stimmen (8 Stimmzettel mal 30 Stimmen = 240 Stimmen). Im Ergebnis konnte somit nicht ausgeschlossen werden, dass es im Stadtrat zu einer unrichtigen Sitzverteilung gekommen ist, die nicht berichtigt werden kann.

Fehlende Stimmen könnten zu anderer Sitzverteilung führen

Die Summen gültiger Stimmen, die aufgrund der Wahlprüfung (Stand: 6. November) auf CSU (61 018 Stimmen) und BMS (51 618) entfallen waren, liegen so eng zusammen, dass bei der Berechnung der Sitze nach Hare-Niemeyer bereits ein Verlust in Höhe von 40 Stimmen bei der BMS ausreichen würde, um zu einer anderen Sitzverteilung zu führen. Zudem betragen die Abstände zwischen den Listennachfolgern teilweise nur bis zu drei Stimmen, sodass sich auch hier Änderungen in der Reihenfolge der Bewerber ergeben könnten.

Das Landratsamt stellte bei der Prüfung fest, dass die Ergebnisse in neun der 31 Bezirke nicht plausibel waren. Aufgrund der Stellungnahmen der Stadt Starnberg und nach eigenen Recherchen konnten zwar Ungereimtheiten in vier Bezirken aufgeklärt werden. Doch für die Stimmbezirke 03, 11 und 14 sowie die Briefwahlbezirke 34 und 38 war eine Berichtigung nicht möglich: Hier fielen die Zahlen der festgestellten Wähler und der Stimmzettel auseinander. Einige Stimmzettel waren überzählig, andere fehlten.

Wahlanfechtungen sind unzulässig

Grundsätzlich erledigt haben sich durch die Ungültigkeitserklärung auch die Wahlanfechtungen von WPS, BMS, BLS und FDP: Die Einwendungen sind unzulässig, weil Fraktionen, Parteien oder Wählergruppen nicht anfechtungsberechtigt sind. Die Anfechtungen der Stadträte Picker (WPS) und Pfister (BMS) hatten sich durch Teilnachzählungen sowie Nachprüfung der Rechtsaufsicht teils erledigt, in den übrigen Punkten wurden sie zurückgewiesen.

Sobald die Ungültigkeitserklärung Bestand hat, wird das Landratsamt einen Wahltermin für die Stadtratswahl festsetzten. Wird keine Klage gegen den Bescheid erhoben wird, was aber als unwahrscheinlich gilt, übernimmt bis zum Zusammentreten des neuen Stadtrats Bürgermeisterin Eva John die Aufgaben des Gremiums. Die Bürgermeisterwahl ist von der Ungültigkeitserklärung nicht betroffen.

© SZ vom 06.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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