Urteil zum Fenstersturz:Gestürzt, nicht gestoßen

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Eine 31-Jährige hat ihren ehemaligen Partner beschuldigt, sie aus dem Fenster geschubst zu haben. Jetzt wurde sie wegen falscher Verdächtigung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Quirin Maderspacher

"Die Frau hat nicht an Wahrnehmungsstörungen gelitten und daher ist ihr wohl gewusst, was passiert ist." Dieses Fazit hat ein Psychiater am zweiten Prozesstag vor dem Starnberger Schöffengericht gezogen. Angeklagt war eine 31-jährige Frau, die ihren Ex-Partner beschuldigt hatte, sie aus einem Fenster seines Wohnhauses in Starnberg gestoßen zu haben. Jetzt wurde die zweifache Mutter wegen falscher Verdächtigung und versuchter Freiheitsberaubung in einem minderschweren Fall zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Er habe sie aus dem Fenster gestoßen, beschuldigte eine 31-Jährige ihren ehemaligen Partner. Dabei war sie nur ausgerutscht. (Foto: dpa)

Der nicht vorbestraften Frau wurde zugute gehalten, dass sie sich im vergangenen September in einer "emotional sehr angespannten Situation" befunden hatte, als sie ihren früheren Lebensgefährten aufgesucht hatte, um mit ihm den Unterhalt der gemeinsamen Tochter zu regeln.

Um Druck auf ihren früheren Partner auszuüben, hatte sich die 31-Jährige auf ein Fensterbrett gesetzt. Dabei war sie ausgerutscht und einige Meter in die Tiefe gefallen, wobei der Starnberger noch versucht hatte, sie festzuhalten. Die Hausfrau erlitt leichte Verletzungen. Anhand der Spuren stellte sich heraus, dass die Frau anders als sie behauptet hatte, nicht aus dem Fenster geworfen worden war. Auch ihre Vorwürfe, sie sei zuvor geschlagen und gewürgt worden, blieben haltlos.

Diese wahrheitswidrigen Aussagen hätten den Mann mehr als zehn Tage in Untersuchungshaft bringen können, sagte die Staatsanwältin. Denn gegen den Starnberger seien bereits Ermittlungen wegen versuchten Totschlags eingeleitet worden. Die Anklägerin forderte daher eine 20-monatige Freiheitsstrafe auf Bewährung mit 1000 Euro Geldauflage. Dagegen betonte der Verteidiger, dass seine Mandantin "nie wollte, dass er eingesperrt" werde. Als strafmildernd bewertete die Richterin, dass die Frau alleine zwei Kinder erziehen muss, für die sie keine Unterhaltszahlungen erhält.

Wichtig waren am zweiten Prozesstag insbesondere Aussagen eines Gutachters, der die Angeklagte für schuldfähig hielt. Der Psychiater stellte fest, dass die Frau "zu emotional-hysterischen Ausbrüchen" neige, aber unabsichtlich aus dem Fenster gestürzt sei. Sie habe sich wohl gedemütigt gefühlt und in ihre Version "verrannt". Im Prozess räumte die 31-Jährige schließlich ein, dass ihre Aussagen bei der Polizei mit "Empfindungen" zu tun hatten, die womöglich nicht dem tatsächlichem Geschehen entsprachen.

© SZ vom 07.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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