Unternehmer in Starnberg:Netzwerken am Frühstückstisch

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Wöchentlich trifft sich die Gruppe "Business Network International". Bei Frühstück knüpfen die Unternehmer Kontakte und ziehen Aufträge an Land.

Otto Fritscher

Die Zeit läuft. Und das schon in aller Herrgottsfrüh. Denn es ist gerade mal kurz nach sieben Uhr morgens, und Marcus Negraszus muss sich höllisch beeilen. "Noch zehn Sekunden!" steht auf dem Schild. Das reicht gerade dafür, dass der Berger Malermeister noch schnell los werden kann, dass er noch vor dem Winter Aufträge zum Fassadenstreichen oder zum Erneuern von Fenstern sucht. Dann klappt das rote Schild in die Höhe: "Danke!" steht darauf. Gemeint ist wohl: "Danke, dass Sie sich kurz gefasst haben!"

Kaum ist der Teller leer, muss man sich und sein Unternehmen vorstellen. So knüpfen Unternehmer aus dem Raum Starnberg beim "Business Network International" Kontakte. Sie treffen sich jeden Donnerstagmorgen im Hotel "Vier Jahreszeiten". (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Denn Zeit ist Geld in dieser Runde, die sich im Starnberger Hotel "Vier Jahreszeiten" regelmäßig trifft, jeden Donnerstag, von sieben Uhr morgens bis maximal halb neun. Dann muss jeder ans Werk, in seinen Betrieb, ins Büro, wo die Arbeit, das Tagesgeschäft auf ihn wartet. Es ist das Treffen des Business Network International (BNI), zu dem sich hier gut ein Dutzend Männer, Namensschilder am Anzugrevers, und einige Frauen versammelt haben. Neben der Semmel und dem Glas Orangensaft liegt bei so manchem ein kleines Pappschächtelchen, in dem die Visitenkarte aller Mitglieder gesammelt sind.

Es herrscht Anwesenheitspflicht. Denn hier es geht nicht um Kaffeeklatsch oder freundschaftlichen Austausch, sondern ganz klar ums Geschäft. Das BNI sei eine "Organisation für Geschäftsempfehlungen", steht auf der Visitenkarte von Thomas Penning. Er darf sich "Direktor" des BNI nennen, und er ist für die "Chapter" Bad Tölz, Fürstenfeldbruck, Gräfelfing, Taufkirchen, Vaterstetten und Starnberg zuständig. "Chapter", das deutet auf den amerikanischen Ursprung des BNI hin, gemeint ist damit eine Regionalgliederung, die aus maximal 15 Mitgliedern bestehen soll. In Starnberg gibt es zwei BNI-Chapter, das andere trifft sich im Niederpöckinger Hotel "La Villa" zum Netzwerken am Frühstücksbüffet.

Michael Selinger nennt sich selbst den "Frühstücksdirektor" des Chapters, das sich im "Vier Jahreszeiten" trifft. Er ist für die Begrüßung der Gäste zuständig, und auch für das Thema, das jedes Mal wechselt. Zum immer gleichen Ritual gehört die Vorstellungsrunde der Teilnehmer, in denen jeder gleich mal platzieren kann, was ihm geschäftlich gut täte. Der eine sucht Druckaufträge, Selinger hofft auf Empfehlungen, wer denn als Käufer einer Fünf-Millionen-Villa am Starnberger See in Frage käme.

Im Hauptberuf ist Selinger Immobilienmakler und Büroleiter bei Remax in Starnberg. Vor ihm liegt eine Ordner mit einer Art Bedienungsanleitung oder Ablaufplan für die Treffen. Fein säuberlich in Klarsichthüllen abgelegt, heißen die Punkte, die abzuarbeiten sind, etwa: "Begrüßung der Gäste" oder "Offenes Networking". Auch Schulungen gibt es, nächste Woche kommt der Bezirksdirektor und erzählt etwas zum Thema - wen wundert's - Networking.

Jeder Beruf ist nur einmal vertreten

Das Business Network International ist keine mildtätige Organisation, sondern ein Unternehmen, das nach dem Franchise-Prinzip aufgebaut ist. Wer dabei sein will, muss jährlich 800 Euro Mitgliedsbeitrag bezahlen. Dafür gibt es dann eine Art Starter-Kit, und natürlich das Visitenkarten-Päckchen. Wer will, kann sich gleich noch weiterbilden mit Büchern wie "Die besten Marketing-Geheimnisse der Welt", die neben dem Büffett zum Verkauf angeboten werden.

Andreas Kordwig ist IT-Dienstleister, "Sunny Systems" heißt seine Firma. Er sucht jemanden, der ihm einen Kontakt zu Bosch vermitteln könnte. "Wir sind hier nur Unternehmer, keine Selbständigen", erklärt er das Geschäftsprinzip des BNI. Was ist der Unterschied? "Wie das Wort schon sagt: Selbständige arbeiten selbst und ständig", klärt er auf. Er selbst arbeite "erfolgsorientiert". Die anderen in der Runde nicken zustimmend.

"Wir achten darauf, dass jeder Beruf in einem Chapter nur einmal vertreten ist", erklärt die Berger Rechtsanwältin Barbara Bosshard-Melzer. Ihr habe das Netzwerk durchaus schon geschäftliche Erfolge gebracht. Sollte es ja schließlich auch, wenn man so viel Zeit investiert. "Ich sehe diese Netzwerk-Runde öfters als meine Freunde", sagt Bosshard-Melzer. Und lacht. Malermeister Negraszus hat sich nach seinem Schnell-Vortrag noch eine Tasse Kaffee eingeschenkt. Entspannt lehnt er sich zurück und sagt: "Mir hat das Netzwerk nicht nur viele Empfehlungen, sondern schon ganz beträchtlichen Umsatz gebracht."

© SZ vom 08.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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