Taucher Lino von Gartzen:Auf dem Grund aller Dinge

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Er löste das Geheimnis um den Tod von Antoine de Saint-Exupéry: Lino von Gartzen ist passionierter Taucher - der Berger sucht auf dem Grund des Mittelmeers nach den Wracks alter Militärflugzeuge.

Christian Deussing

Er gehörte zu den Tauchern, die das Geheimnis um den Tod von Antoine de Saint-Exupéry vor einigen Jahren gelüftet haben. Lino von Gartzen, der Unterwasserarchäologe aus Berg, hatte vor Marseille das Wrack des berühmten Dichters ("Der kleine Prinz") untersucht. Es gelang von Gartzen auch, den Jagdflieger aufzuspüren, der mit großer Wahrscheinlichkeit am 31. Juli 1944 die "Lightning P 38" des französischen Nationalhelden vom Himmel geholt hatte: Horst Rippert, der Bruder des verstorbenen Sängers Ivan Rebroff.

Unterwasserarchäologe Lino von Gartzen neben dem deutschen Flugzeugmotor, der in dem Gebiet, wo die Flugzeugwrackteile des französischen Schriftstellers Antoine de Saint-Exupérys lagen, gefunden wurde. (Foto: Ulla Baumgart)

Doch das Marseiller Dreieck lässt von Gartzen keine Ruhe. In der Bucht liegen noch Hunderte von Wracks aus den vergangenen 2000 Jahren - unter anderem deutsche Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg wie die Juncker 88 oder Heinkel 111. Der Taucher hat jetzt sechs weitere noch unbekannte Flugzeuge dieser Typ-Reihe im Blick. Diese Maschinen waren im Krieg in 30 bis 90 Metern Tiefe auf dem Meeresgrund aufgeschlagen, bis zu 15 Kilometer von der südfranzösischen Küste entfernt.

"Ich will helfen, das Schicksal der Besatzungen herauszufinden. Und ob die Flugzeuge abgeschossen worden sind", erzählt der Berger, der hauptberuflich als Patentdienstleister tätig ist. Er durchforstet dafür Militärarchive in Freiburg und Berlin und prüft Suchdienst-Listen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Oft findet von Gartzen dann die vagen Vermerke: "Über See vermisst".

Natürlich ist es wichtig bei den akribischen Recherchen, ob die Piloten tatsächlich noch vermisst werden. Das sei einer der ersten Schritte bei Spurensuche nach diesen Menschen. Von Gartzen versucht, den Hinterbliebenen nach vielen Jahrzehnten die Gewissheit zu geben, wo und wann der Sohn abgestützt ist - und was die Ursache gewesen sein könnte.

Der Familienvater hatte auch mit seinem französischen Kollegen Luc Vanrell im Mittelmeer den Motorblock eines deutschen Jagdflugzeugs entdeckt. Der Berger Taucher verglich Daten und Fakten und suchte Zeitzeugen auf. Er rekonstruierte das Geschehen und stieß auf den Piloten namens Prinz zu Bentheim und Steinfurt. Dessen Skelett war 1965 nur wenige Kilometer von der Stelle im Meer gefunden worden, wo Saint-Exupéry mit seinem Flugzeug nach einem Aufklärungsflug abgestürzt war. Mittlerweile haben DNA-Tests in Frankreich und in den USA die Identität des deutschen Prinzen eindeutig bestätigt. Dessen Gebeine wurden nach Steinfurt überführt, an der Bestattung nahm auch Lino von Gartzen teil.

Der 38-Jährige wird im Januar seine Mission vor Marseille fortsetzen, um die von ihm bereits avisierten Flugzeugwracks aus dem Zweiten Weltkrieg zu identifizieren - bevor wichtige Spuren für immer verschwinden. Danach wird er sich auch wieder mit dem Neffen und Verwandten von Saint-Exupéry treffen. Und sich zudem um eine Stiftung kümmern, die zu Ehren des Schriftstellers gegründet wurde.

© SZ vom 11.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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