SZ-Serie: Kioske im Fünfseenland, Teil 10:Dolce Vita am Ammersee

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Luciana und Antonio Mazzilli sind die Pächter des neuen Kiosks in Aidenried. In der Holzhütte, vom Pähler Bauhof in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aufgestellt, gibt es italienische Speisen und Getränke und italienische Musik aus dem Radio

Von Astrid Becker, Aidenried

Wenn sie über ihren Kiosk und dessen Lage spricht, gerät Luciana Mazzilli ins Schwärmen: "Ein Stück Italien" sei das für sie. Seit Juli betreibt die Süditalienerin zusammen mit ihrem Mann Antonio, der aus Sizilien stammt, das gastronomische Kleinod im Naherholungsgebiet Aidenried direkt am Ammersee. In einer "Nacht-und-Nebel-Aktion", wie es der Pähler Bürgermeister Werner Grünbauer nennt, hat seine Gemeinde die kleine Holzhütte dort aufgestellt, um die Versorgung der Badegäste an dem beliebten Platz sicherzustellen. Ebenso von Heute auf Morgen wurden die Mazzillis, die zuvor das Bistrolino in Pähl in der ehemaligen Apotheke betrieben hatten, die Betreiber des Imbisses.

Der Kiosk im Naherholungsgebiet Aidenried direkt am Ammersee. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Seither bin ich wieder glücklich", erzählt die 47-jährige Luciana Mazzilli. Um diese Aussage zu verstehen, muss man einen Blick in das Leben und in die Vergangenheit der sehr warmherzig wirkenden Frau werfen. Im Alter von acht Jahren seien sowohl sie als auch ihr jetziger Mann von Italien nach Deutschland gekommen, genauer gesagt nach Nürnberg. Mit 18 haben sich die beiden kennengelernt. Eigentlich, sagt Luciana Mazzilli, habe sie Einzelhandelskauffrau gelernt: "Weil mein Papa einen Laden hatte und das so wollte." Ihr Herz habe aber schon immer für die Gastronomie geschlagen. Mit ihrem Mann, der Koch ist, führte sie dann ein Restaurant in Nürnberg, er in der Küche, sie im Service. Doch dort sahen sie sich einigen Problemen ausgesetzt. Plötzlich seien die Türschlösser mit Dichtungsmasse verstopft gewesen, Fenster beschädigt worden und derlei mehr: "Irgendwann habe ich Angst bekommen." Beide verließen die Stadt in Richtung Süden.

Seit Juli betreiben die beiden Süditaliener Luciana und Antonio Mazzilli den kleinen Kiosk auf dem Badegelände in Aidenried. Sie sind damit "glücklich", wie sie sagen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

In Pähl eröffnete das Paar dann im vergangenen Jahr das "Bistrolino", eine kleine Gastronomie, die vor allem die älteren Damen des Ortes wegen ihrer Kuchen zu schätzen wussten: "Wir hatten beispielsweise Tiramisu in allen möglichen Varianten, mal mit Erdbeeren oder auch mit Zitronen oder Pistazien", sagt Luciana Mazzilli. Doch es fehlte die Laufkundschaft in der kleinen Gemeinde. Nach nur sieben Monaten schlossen die beiden ihr Lokal "schweren Herzens". Ihr Mann Antonio habe dann eigentlich keine Lust mehr auf ein selbständige Dasein als Wirt gehabt. Aber viele, auch private Dinge, hätten ihn dann doch umgestimmt. Da war der überraschende Tod von Luciana Mazzillis Bruder, dann das Ende des Lokals in Pähl: "Jedenfalls sind wir immer in Aidenried spazieren gegangen, wenn ich traurig war", sagt sie: "Für mich war das immer ein Stück Italien hier, ein Stück Heimat." Sie träumte schon früh davon, an diesem Ort einen Kiosk zu eröffnen oder etwas dergleichen: "Was Kleines halt, ich will ja gar nicht reich werden, nur Gäste glücklich machen."

Mittwochs, donnerstags und freitags wird vor Ort italienisch gekocht. Cannelloni, Pizza oder auch Lasagne. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Doch den Zuschlag für dieses Areal zu bekommen, hielten wohl beide für völlig aussichtslos - bis ihnen der Pähler Bürgermeister ein Angebot unterbreitete, das sie nicht ablehnen konnten. Eben den Kiosk zu betreiben, den er von seinem Bauhof in einer recht spontanen Aktion errichten ließ. Dienstagnacht sei ihm das eingefallen, erzählt er, Mittwoch habe er sich um Firmen bemüht, die sich um die Versorgungsleitungen et cetera kümmern könnten, am Donnerstag habe der Gemeinderat dem Vorhaben sein Plazet erteilt, am Freitag sei mit den Arbeiten begonnen worden.

Ausgezeichnete Wasserqualität wird hier sogar garantiert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Mitte Juli eröffneten die Mazzillis dann ihren neuen Kleinbetrieb. Grünbauer ist seither regelmäßiger Gast dort und begeistert: "Wir verlangen keine unmäßig hohe Pacht, die beiden erfüllen unsere Auflagen nach günstigen Preisen bei Cappuccino und Espresso und machen das einfach super", sagt er. Grünbauer lag der Kiosk deshalb so am Herzen, weil seit mehr als fünf Jahren um die gastronomische Zukunft auf dem Badegelände gerungen wird. 2012 hatte der Wirt der dortigen Gaststätte aufgegeben. Das Gelände, das dessen Familie in Erbpacht übernommen hatte, wurde in der Folge geteilt, etwa 2500 Quadratmeter gingen an einen neuen Investor und Projektentwickler, der nach dem Abriss der alten Gebäude nun wieder eine Gastronomie dort errichten will. Der Rest, etwa 4000 Quadratmeter, liegen nun wieder in der Hand der Gemeinde, die ihre Fläche bereits sukzessiv neu gestaltet. So gibt es mittlerweile neue Parkplätze und auch eine Badeinsel, die im See verankert ist. Ein Aussichtsturm, der Besuchern Einblicke in das Vogelschutzgebiet südlich des Ammersees gewähren soll, ist geplant. Hinzu kam der Kiosk, den nun die Mazzillis betreiben, "damit die Badegäste dort endlich wieder etwas zu trinken und zu essen bekommen", wie Grünbauer der SZ sagte.

Bei den Mazzillis wird seither auf italienisches Lebensgefühl gesetzt. Pommes oder Currywurst gibt es nicht. Dafür frische und immer unterschiedlich belegte Panini und Focaccia, Schnitzelsandwich, italienische Kuchenspezialitäten oder auch mal Lasagne, Cannelloni oder Pizza. Die Mazzillis schenken diverse Weine aus, servieren ihren Gäste auch Hugo, Spritz oder italienisches Radler: "Das wird mit Bitter Lemon gemacht", sagt Luciana Mazzilli. Am meisten stolz ist sie aber auf ihre Frühstücksidee: Von sieben Uhr morgens an bietet sie ihren Gästen Croissants und Brötchen an, die eine Bäckerei nur für sie backt: "Ich wollte den Gästen etwas bieten, das sie hier nicht einfach finden - schon gar nicht direkt am See", sagt sie.

Den Kiosk schließt sie um 21 Uhr. Irgendwann brauche sie auch Zeit für die Familie. Viel ist das ohnehin nicht. Luciana Mazzilli steht jeden Morgen um halb Fünf auf. Dann geht sie einkaufen und bereitet alles vor. Und dann dreht sie auch gleich mal das Radio an, einen italienischen Sender. "Meine Gäste mögen den sehr gern." Auch ein kleines Stück Italien am Ammersee.

© SZ vom 07.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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