Straßenmusiker Helly Meiler:Der Unterhalter

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Er spielt für Touristen aus aller Welt: Helly Meiler aus Gauting musiziert seit Jahrzehnten in der Münchner Fußgängerzone - und handelt sich dabei Ärger mit der Stadt ein.

Thomas Anlauf und Stephan Handel

Er bekommt Fanpost aus aller Welt, Passanten haben Videos von seinen Shows auf Youtube gestellt. Urlauber, die ihn in der Fußgängerzone erlebt haben, laden ihn zu Auftritten in die Schweiz, nach Österreich und Italien ein. Fernsehen und Zeitungen berichten regelmäßig über ihn: Helly Meiler aus Gauting ist so etwas wie ein Wahrzeichen der Münchner City. Doch bei der Stadt scheint er nicht so beliebt zu sein. Regelmäßig hat er Strafanzeigen und Verwarnungen der Polizei kassiert. Dabei tritt der Musikkabarettist nach Ladenschluss auf.

Ist eine Art Wahrzeichen der Münchner City: Helmut Meiler aus Gauting. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Seit 27 Jahren sind Kaufinger und Neuhauser Straße die abendliche Bühne für den Musikkabarettisten - wenn er auftritt, schart sich schnell eine neue Fangemeinde um den 49-Jährigen. "Derbleckn international" nennt Helmut Karl Meiler, wie der Gautinger mit bürgerlichem Namen heißt, sein Erfolgsrezept. Bei ihm wird jeder ohne Unterschied auf Nationalität auf den Arm genommen - und das Publikum johlt.

Es ist wohl diese Mischung aus Neugier und Angst, in Helly Meilers Standup-Comedy eingebaut zu werden, was die Menschen fasziniert vor dem groß gewachsenen ewigen Jüngling mit der Gitarre stehen bleiben lässt. Und natürlich die Beatles-Songs, die er alle im Repertoire hat. Meiler: "Es ist erstaunlich, dass auch junge Leute immer noch die Texte können und mitsingen."

Früher hatte er seinen Stammplatz beim Kaufhof - "der beste Platz", aber in letzter Zeit wird er immer weiter abgedrängt - "von osteuropäischen Massenvernichtungswaffen", wie der singende Kabarettist böse die Klassikensembles bezeichnet, die schon mal ganze Flügel in die Fußgängerzone schieben und lautstarke Platzkonzerte geben. Eigentlich dürfe man ja nur zweimal in der Woche in der Fußgängerzone auftreten - doch die klassischen Musiker scheinen bei der Stadt gut anzukommen und konzertieren laut Meiler bis zu fünfmal wöchentlich.

Er hingegen erhält regelmäßig Strafanzeigen, obwohl er auf Privatgrund spielt. Seit Jahren holt sich der Künstler schriftlich Genehmigungen von Kaufhäusern an der Fußgängerzone, dass er nach Ladenschluss auf ihrem Grund auftreten darf. Doch die Polizei meine, er wirke mit seiner Show in den öffentlichen Raum hinein. Sogar die Gitarre wurde schon konfisziert, und einen Platzverweis hat er erhalten - doch da habe ihm das Verwaltungsgericht Recht gegeben.

"My Way" in der Endlos-Schleife

Dass die Stadt die Straßenmusik reglementiert hat - dafür entschuldigt sie sich fast: Auf zwei DIN-A-4-Seiten hat sie dargelegt, was der Straßenkünstler denn zu tun hat, bevor er Passanten und Anwohner in der Fußgängerzone erfreuen oder entnerven darf. "Die Stadt bedauert, dass diese Regelungen ein bisschen Bürokratie in eine an sich schöne und begrüßenswerte Sache bringen", heißt es am Schluss.

Schön und begrüßenswert - legendär ist jedenfalls das Duo aus Klarinette und Gitarre, das bevorzugt die Konen-Arkaden in der Sendlinger Straße beschallte. Die beiden Männer beherrschten offenbar nur fünf Lieder, die jedoch in Endlosschleife. Und alle in der Nähe warteten alle paar Minuten angstvoll auf den Moment bei "My Way", in dem der Gitarrist voller Überzeugung den immer gleichen falschen Akkord spielte.

Auch diese beiden Künstler mussten das Procedere durchlaufen, das die Stadt für Straßenmusiker vorgesehen hat: Mussten zur Stadtinformation im Rathaus, dort eine Probe ihres Könnens geben, dann zehn Euro bezahlen für die Erteilung einer Erlaubnis. Fünf davon, so die Regelung, werden montags bis freitags für den Vormittag ausgegeben, fünf für den Nachmittag - für Straßenmusiker dauert der Vormittag übrigens von 11 bis 14, der Nachmittag von 15 bis 22 Uhr. Länger als 60 Minuten dürfen sie nicht an einem Ort spielen.

"Besonders störende Musikinstrumente" dürfen nicht verwendet werden, dazu zählten Dudelsack, Drehorgeln und Schlagzeug. Trompete, Saxophon und Posaune sind auch darunter, wobei jeder Musikliebhaber weiß, dass eine schlecht gestimmte Geige sehr viel mehr nerven kann.

Warum es die Stadt ihm so schwer macht, versteht Meiler nicht. "Die Verhältnismäßigkeit muss doch gewahrt bleiben", sagt er. Schließlich unterhalte er abends Touristen aus aller Welt. Dass sein Publikum andere Passanten behindern soll, hält er für absurd. Behindert in seiner Berufsausübung - so fühlt sich Meiler selbst. Schließlich hat er Frau und zwei Kinder zu ernähren. Jetzt setzt er auf Hilfe von oben: "Ich hoffe auf eine Audienz beim Oberbürgermeister."

© SZ vom 14.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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