Geplant war eine ganz normale Gemeinschaftsausstellung der Malschüler von Juschi Bannaski. Gesucht war ein leerstehendes Gebäude, das ausreichend Platz dafür bietet. Gefunden wurde schließlich ein Relikt des Kalten Krieges, der Atombunker des Warnamtes X im Kerschlacher Forst. Entstanden ist eine hochpolitische und eindringliche, konzeptionell überzeugende und zugleich in höchstem Maße sinnliche Rauminstallation von mehr als 40 Künstlern. Es ist eine Ausstellung, die auf geradezu ideale Weise die Aufgabe erfüllt, die der Kunsthistoriker Hans Dickel nach dem Ende des Kalten Krieges forderte, nämlich "wieder eine Öffentlichkeit diesseits der Bilderwelt der Massenmedien herzustellen".
In den zehn Warnämtern, die einer strengen militärischen Geheimhaltung unterlagen und deshalb überall in der Bundesrepublik in dichten Wäldern versteckt waren, sollten im Verteidigungsfall knapp 200 Mann starke Belegschaften Unterkunft finden und die Bevölkerung mittels Rundfunk und Sirenen vor Gefahren warnen. Die Bunker waren mit Notstromaggregaten, Vorräten und Krankenstationen ausgerichtet auf einen 30-tägigen autarken Betrieb. Nicht nur die simplen Duschräume, die der Dekontamination dienen sollten, auch die heute veraltet wirkende Technik mit ihren meterdicken Schleusen, abgehalfterten Schaltzentralen und wichtigtuerischen roten Alarmknöpfen weisen das Warnamt als eindrückliches Zeugnis menschlicher Hybris aus.
In diesem unterirdischen Labyrinth ist es, so Juschi Bannaski in ihrer Einführung, "unwichtig geworden, ob jemand Profi ist oder Anfänger, denn jeder hat sein Bestes gegeben". Zu den Malschülern haben sich andere Künstler gesellt, die mit ihren Arbeiten auf die jeweilige räumliche Situation reagiert und den Ausstellungstitel "Schutzraum" auf ihre Weise interpretiert haben. So werden die zarten Papierhemden, die Lucie Plaschka im Eingang aufgehängt hat, zu ganz konkreten "Schutzmänteln" für den Gang durch den Bunker. Elke Hack hat einen Kapellenraum geschaffen, in dem eine anrührende "Schutzmantelmadonna" den toten Sohn in ihren Armen birgt. Katharina Bocksberger hat in der ehemaligen Essensausgabe an einem Schlüsselbrett Schutzheilige nach Nummern sortiert aufgehängt und Daniela Antonacci zeigt die in Plastik eingeschweißte Gebärmutter einer Kuh. Almut Krauss hat in einem düsteren Aufzugsraum mit einer Vielzahl von Leitern einen "Notausstieg" geschaffen und Ute Dissmann in den Glasfronten des einstigen Rechenzentrums sehr überzeugend großformatige Papierarbeiten installiert. Adidal Abou-Chamat schließlich zeigt in einem Video die verschiedenen Arten muslimischer Frauen, ihr "schützendes" Kopftuch zu binden.
Zeitgleich zur Ausstellung "Schutzraum" öffnen am kommenden Wochenende, 28. und 29. April, jeweils von 11 bis 18 Uhr die Künstler der benachbarten Ateliergemeinschaft "Aukio" ihre Türen. Am 29. April um 11 Uhr liest PEN-Präsident Johano Strasser aus seinem noch nicht erschienenen Buch "Sicherheit als destruktives Ideal".