Starnberg:Mehr Bauer als König

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Das Museum Starnberger See beschließt die Ludwig III.-Ausstellung mit einer Wanderung über Leutstetten und Gut Rieden, wo der Hobby-Landwirt ein Mustergut für Kindervorzugsmilch bauen ließ

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Am Tag der Abdankung von Bayerns letztem König Ludwig III. im November 1918 wurde in München eine Karikatur verteilt: "Teile allen meinen werten Bekannten, Freunden und Verwandten höflichst mit, dass ich mein bisheriges Geschäft als König von Bayern aufgegeben habe", heißt es in dem Spottblatt. Er eröffne nun eine Großviehzucht, Großmolkerei und Viehwirtschaft. Die Leiterin des Museums Starnberger See, Sibylle Küttner, zeigte die Karikatur, um auf den Spaziergang unter dem Titel "Dem Millibauern auf der Spur" einzustimmen. Die Veranstaltung beschloss am Wochenende die Ausstellung "Ludwig III. - Bayerns letzter König".

Die spätgotische Kirche St. Peter und Paul in Rieden erwarb König Ludwig III. einst zusammen mit den landwirtschaftlichen Flächen des Guts. Auf dem Friedhof sind eine Reihe Angehöriger des Hochadels beigesetzt. (Foto: Georgine Treybal)

Der halbtägige Ausflug von Gut Rieden über das ehemalige Wildbad Petersbrunn nach Leutstetten stieß auf starkes Interesse. Insgesamt 25 interessierte Bürger hatten sich angemeldet, 40 waren gekommen. "Eigentlich ist die Gruppe schon voll, aber ich freue mich total", sagte Küttner und ließ alle Besucher mitgehen. Ludwig III. habe nie König werden wollen, betonte sie. Seine Leidenschaft sei die Landwirtschaft gewesen. Seine Frau Marie-Therese von Österreich brachte Güter in Ungarn und Mähren mit in die Ehe - diese lagen aber weit entfernt. Daher kaufte er 1875 das Schloss Leutstetten mit dem Torfstich Wildmoos und dem Gut Schwaige, in dem eine eigene Pferderasse gezüchtet wurde. Ein Hengst soll in einem Jahr mehr Geld bei Rennen gewonnen haben als der König als Apanage erhielt. Später kaufte er Gut Rieden, den Weiler Petersbrunn und die Mühle im Mühltal dazu. Gut Rieden ließ er ausbauen zu einem Mustergut für Kindervorzugsmilch, was ihm die Bezeichnung "Millibauer" einbrachte. Das Gut Rieden gehört heute dem Betreiber des Golfplatzes. Das Haupthaus mit dem prägnanten Glockenturm aus dem Jahr 1912 steht unter Denkmalschutz. "Im Prinzip hat sich das Gebäude nicht verändert", erklärte Küttner. Für die Herstellung von Vorzugsmilch galten schon vor hundert Jahren strenge Hygienevorschriften, die in der Gutsordnung festgelegt waren. So mussten beispielsweise ein Mal pro Woche die Mägde duschen und die Kühe gewaschen werden. Wegen des riesigen Wasserverbrauchs wurde Wasser von der Mühltaler Mühle hochgepumpt. Die Kühe standen in einem gefliesten Stall und bekamen spezielles Kraftfutter. Auch einen Eiskeller gab es, in dem die selbst hergestellten Eisblöcke in Kork eingelagert wurden, um die Milch zu kühlen.

In der Kirche ist die Grablege von Mathilde Prinzessin von Coburg-Sachsen-Gotha zu sehen, einer Tochter des Königs. (Foto: Georgine Treybal)

Der ehemalige Gymnasiallehrer Eberhard von Lochner, der bereits ehrenamtlich an der Ausstellung mitgewirkt hatte, erläuterte den kunsthistorischen Hintergrund von Kapelle und Friedhof, bevor es weiterging zur Stahlbetonbrücke aus dem Jahr 1908, die noch im Original erhalten ist. Die Brücke ließ Ludwig III. bauen, um über die Gleisanlagen zum Bahnhof Mühltal zu kommen. Der Bahnhof war Voraussetzung für den Betrieb des Hofgutes. Von dort wurde die Vorzugsmilch nach München gebracht. Wie Auguste von Bayern später beim Rundgang durch den Park von Schloss Leutstetten erklärte, hatte ihr Ururgroßvater Ludwig III. den Standort in der Nähe des Bahnhofs damals wegen der schnellen Verbindung nach München gewählt. Mit dem Pferd sei München von Leutstetten aus in einer Stunde erreichbar gewesen, sagte die Biologin, die sich durch ihre Dohlen-Forschung sowie ihr "Biotopia-Projekt" einen Namen gemacht hat.

Die Ausstellung im Museum Starnberger See endete mit einer Lesung und der Vorstellung des neuen Buchs "Eben noch unter Kronleuchtern" von Christiane Böhm am Sonntag. Im November ist eine neue Ausstellung geplant, die die die Auswirkungen der bayerischen Revolution auf Starnberg beleuchten wird.

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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