Hitzige Debatten im Fünfseenland:Genervt von der Mückenplage

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Die Inninger haben ihr Rathaus aufgefordert, gegen die lästigen Insekten mit der chemischen Keule vorzugehen. Doch eine umstrittene Spritzaktion wie am Chiemsee kommt im Fünfseenland offenbar nicht in Frage

Von Astrid Becker, Starnberg/Inning

Sie sind die Plage der Saison: Stechmücken. Kaum hat sich der Mensch im Biergarten, im Garten oder am Strand eines der vielen Seen niedergelassen, kann er die roten, juckenden Punkte auf seiner Haut kaum mehr zählen. In Inning sind die Bürger mittlerweile so genervt, dass sie nun ihr Rathaus auffordern, eine jährliche Spritzaktion wie am Chiemsee anzuleiern. Große Aussichten auf Erfolg besteht für dieses Ansinnen aber nicht - weil die zuständigen Landratsämter keinen Handlungsbedarf sehen.

Das Thema, das immer wieder zu Diskussionen in den Gemeinden des Fünfseenlands führt, kam ganz am Ende der Inninger Ratssitzung am Dienstagabend zur Sprache: die Forderung nach Spritzaktionen gegen die lästigen Insekten, wie es am Chiemsee seit 1997 praktiziert wird. Zum Einsatz kommt dort der Wirkstoff BTI, der aus dem Bacillus thuringiensis israelensis gewonnen wird. Das Mückenbekämpfungsmittel wird mit Hubschraubern in besonders betroffenen Gebieten versprüht - zunächst nur einmal im Jahr. Vor fünf Jahren erweiterte die Regierung von Oberbayern die Genehmigung auf zwei Mal pro Jahr.

Unumstritten ist dieses Vorgehen jedoch nicht. Umweltschützer hatten bereits 2011 im Fünfseenland vor dem Einsatz von BTI gewarnt. Damals war dies schon einmal in Inning, aber auch in der Gemeinde Berg diskutiert worden. Die Kreisgruppe Starnberg des Bundes Naturschutz (BN) war daraufhin um eine Stellungnahme gebeten worden. Sie wies daraufhin hin, dass dieses Toxin auch andere Pflanzen und Tiere schädigen könne. Hubschrauberflüge, aber auch manuelle Bekämpfung störten zudem brütende Vogelarten. Auch ob BTI tatsächlich den erwünschten Effekt bringt, wurde damals stark bezweifelt: "Mit BTI-Präparaten können nicht alle Gebiete behandelt werden, in denen sich Stechmücken entwickeln. Die lästigen Stechmücken haben einen weiten Aktionsradius (bis zu 20 Kilometer), weswegen eine dauerhafte und spürbare Entlastung nicht gesichert ist - auch weil Stechmücken aus nicht behandelten Nachbarregionen jederzeit wieder zuwandern können", so der BN im Mai 2011. Ein Problem, das auch am Chiemsee bekannt ist: Denn dort darf BTI der Regierung von Oberbayern zufolge nicht überall versprüht werden. Erlaubt ist es zwar auch in Teilen von Naturschutzgebieten - allerdings unter strengen Auflagen wie der Ermittlung der Larvendichte einer Stechmückenbrutfläche vor jeder Aktion -, verboten allerdings auf der Wasseroberfläche oder über dem Wasserschilf. Zudem sind derlei Aktionen teuer: Am Chiemsee müssen die Gemeinden immer wieder sechsstellige Summen dafür aufbringen.

Doch noch mehr spricht derzeit gegen Spritzaktionen: die Skepsis, die offenbar die Gemeinden selbst dagegen hegen. Zwar betonte am Dienstag die Grünen-Gemeinderätin Barbara Wanzke, dass mittlerweile die Gesundheitsgefährdung durch eingewanderte, krankheitserregende Mücken und durch die laufende Verwendung von Abwehrmitteln gestiegen sei ("Wir dürfen das nicht auf die leichte Schulter nehmen"). Aber Bürgermeister Walter Bleimaier äußerte sich eher kritisch: "Das landet auch in den Gärten, ich weiß ja nicht, ob ich das in meinem Garten will."

Vor vier Jahren jedenfalls ist der Versuch der Gemeinde Eching, ihre Nachbarn zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen die Mückenplage zu überreden, kläglich gescheitert. "Eine einzige Gemeinde bekäme aber nie eine Genehmigung", sagt der Sprecher des für den Ammersee zuständigen Landratsamts Landsberg, Wolfgang Müller. Allerdings hat sich seine Behörde ihm zufolge seither ohnehin nicht mehr mit derlei Ideen befasst: "Wir haben ja nicht jedes Jahr eine echte Plage."

Ähnlich sieht man das auch in der Starnberger Kreisbehörde, die für die anderen Seen hierzulande verantwortlich ist. "Das ist bis jetzt kein Thema für uns", sagt Sprecherin Barbara Beck. Mücken seien zwar lästig, aber deswegen müsse man nicht immer gleich "zur chemischen Keule" greifen: " Unserem Gesundheitsamt ist jedenfalls keine einzige gefährliche Krankheit bekannt, die je bei uns durch Mücken übertragen worden ist."

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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