Starnberg:Bittere Pille für Patienten

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Hausärzte leiden unter Nachwuchssorgen und befürchten auch im Landkreis Starnberg Praxisschließungen.

Sylvia Böhm-Haimerl

Bei der ärztlichen Versorgung ist der Landkreis Starnberg Spitzenreiter. Doch die Statistik trügt. Nach Angaben von Nikolaus von Hollander, Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbands, werden in den kommenden Jahren bis zu 40 Prozent der niedergelassenen Hausärzte ihre Praxis aus Altersgründen schließen. "Wir werden diese Menge an Kollegen nicht ersetzen können", sagte er am Mittwoch auf der Diskussionsveranstaltung des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CSU. Angesichts der Brisanz des Themas hätte sich die Leiterin des Arbeitskreises, Susanne Schöttke, gerne mehr Teilnehmer gewünscht, als das runde Duzend an niedergelassenen Ärzten aus dem Fünfseenland. Diese gaben jedoch dem CSU- Bundestagsabgeordneten Johannes Stinghammer ein ganzes Paket an Forderungen und Verbesserungsvorschlägen mit auf dem Weg. Zwar hatte auch Stinghammer mit Blick auf die Alterspyramide einen Mangel an Hausärzten bis 2020 eingeräumt. Allerdings sei man mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen vom Dezember 2011 auf gutem Weg. Insbesondere der Beruf des Hausarztes werde dadurch aufgewertet und es gebe mehr Geld für die Versorgung von Heimbewohnern. Dem widersprach Hollander vehement. Das Gesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch stark verbesserungswürdig. "Bayern hat Ausschlag, ich sehe überall rote Flecken", sagte er. Es sei ein großer Fehler, wenn man sich auf den der derzeitigen Überversorgung im Landkreis von 148 Prozent ausruhe. Im Gegenteil, der Allgemeinmediziner aus Weßling prognostizierte sogar eine "dramatische Entwicklung". Insbesondere der Bereitschaftsdienst werde in den kommenden Jahren an seine Grenzen stoßen, weil der Nachwuchs fehlt, so Hollander. Die Gründe für den Mangel sind nach Ansicht der Mediziner vielfältig: Im Gegensatz zu Fachärzten hat der Hausarzt ein schlechtes Image, die finanziellen Aussichten sind unsicher und es fehlt an Ausbildungsmöglichkeiten. Laut Hollander gibt es nur einen einzigen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin in Bayern. Auch der Chefarzt des Starnberger Klinikums, Professor Peter Trenkwalder, erklärte, dass mehr als 50 Prozent der niedergelassenen Hausärzte im Landkreis älter als 50 Jahre sind. "Die kämpfen alle darum, einen Nachfolger zu finden." Der Beruf des Allgemeinmediziners müsste seiner Meinung nach aufgewertet werden, und es müsse auch eine größere Planungssicherheit für niedergelassene Ärzte geben. Nach seiner Erfahrung setzen Medizinstudenten heutzutage andere Prämissen, als noch vor 20 Jahren. So sei ihnen etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders wichtig. Ganz oben auf der Wunschliste der Besucher standen daher eine bessere Vergütung und weniger Hürden. "Es geht nur über finanzielle Anreize", sagte einer und ein anderer forderte weniger Bürokratie sowie eine einheitliche Gebührenordnung. Ein weiterer Vorschlag war die Änderung der Zulassungskriterien für das Studium. "Einser-Schüler sind nicht die besten Ärzte", sagte ein Mediziner.

© SZ vom 17.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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