Seewiesen:Spannende Vogelkunde

Lesezeit: 2 min

An sechs Ständen konnten kleine Forscher beim Tag der offenen Tür beim Max-Planck-Institut in Seewiesen Stempel durch Spiele und Experimente sammeln. (Foto: Sabine Spehn/MPIO)

Das Max-Planck-Institut hat am Tag der offenen Tür einem größeren Publikum seine Forschungen vorgestellt. Auf dem Campus leben insgesamt 3000 Vögel, deren Verhalten von den Wissenschaftlern untersucht wird

Von Thorben Pollerhof, Seewiesen

Es dauert schon ein paar Minuten, bis man das Tor mit der Aufschrift "Max-Planck-Institut Seewiesen" (MPIO) zu Fuß vom Parkplatz aus erreicht. Auf dem Weg gibt es nicht viel zu sehen als ein paar Wiesen und dicht bewachsene Straßenränder. Ein Forschungszentrum? Hier? Doch biegt man um die letzte Kurve, tauchen aus dem dichten Grün plötzlich die hochmodernen, nicht so recht in die Szenerie passenden Gebäudekomplexe auf. Das Programm für den Tag der Offenen Tür ist prall gefüllt. Vier Zelte mit Experimenten sind aufgebaut, Führungen gibt es gar elf verschiedene, und Vorträge werden von 10.15 Uhr an im Halbstundentakt gehalten. Alles zum Thema Ornithologie - Vogelkunde.

Manfred Gahr, Direktor und lokaler Geschäftsführer des MPIO, dämpft die Erwartungen der Besucher aber bereits bei der Begrüßung. "Die Tiere können sie im wesentlich heute nicht sehen. Wenn wir mit so vielen Besuchern durch die Tierhäuser gehen, dann fallen die uns von der Stange", witzelt der Direktor, und begründet diese Aussage aber doch mit Sicherheits- und Hygienemaßnahmen. Dass es genug Vögel auf dem Campus gibt, will er dann aber doch erzählen. 3000 Stück sind es, die sich auf 18 Arten verteilen - davon sind 2500 Zebrafinken und 300 Kanarienvögel. An diesem Tag soll es zwar um die Vögel gehen, aber immerhin ist das MPIO kein Zoo, sondern immer noch eine Forschungseinrichtung. Und deswegen stehen auch die Forscher besonders im Fokus.

Manfred Gahr bleibt nach seiner Begrüßung gleich im Präsentationssaal stehen, denn ihm gehört der erste Vortrag des Tages: "Männlicher Gesang, weiblicher Gesang". Gahr erklärt, dass nicht nur männliche Vögel singen können, sondern bei bestimmten Arten beide Geschlechter. Grund dafür ist das Hormon Testosteron, das bei den Männchen im Hoden produziert wird. Bei den Weibchen sei aber eben noch ungeklärt, woher es kommt. Das herauszufinden, ist genau das Feld von Manfred Gahr und seinem Team.

Doch nicht nur die Vorträge, auch die Experimente können sich sehen lassen. Beispielsweise verändern Besucher ihren Geschmackssinn mit der einfachen Zufuhr einer pflanzlichen Miraculin-Tablette. Sauer wird plötzlich zu süß, was an Beispielen von Zitronen und Essig auch gleich ausprobiert wird und zu staunenden Gesichtern führt. Hintergrund dafür ist, dass Vögel im Allgemeinen keinen Rezeptor für Süßes besitzen. Der Kolibri als Art allerdings dank einer Mutation schon. Das Forschungsteam möchte nun also herausfinden, warum gerade der Kolibri diese Mutation besitzt und welche andere Arten vielleicht auch noch.

Ein weiterer spannender Vortrag, von Niels Rattenberg, dreht sich um das Thema, ob Vögel im Flug schlafen. Denn ja, das tun sie. Und zwar machen Zugvögel es wie Delfine, sie schlafen mit einer Hirnhälfte, die andere ist wach. Das zu lösende Rätsel bleibt, wie die Zugvögel den fehlenden Schlaf kompensieren. An Land schlafen sie zwölf Stunden pro Tag, in der Luft gerade mal 45 Minuten. Das große Highlight, die Führung durch den Windkanal, entpuppt sich zwar als Geduldsspiel, überzeugt jedoch mit einer tollen Vorstellung. Denn die Zuschauer bekommen einen Star zu sehen, der bei 40 Stundenkilometer und 15 Grad Celsius für zwei Minuten im gläsernen Schaukasten seine Flugkünste unter Beweis stellt. Damit ist aber nicht annähernd das Programm des Tages abgedeckt. Für die kleinen Besucher gibt es die "Kinder-Uni" mit spannenden Experimenten und Entdeckungen. Der Forscherplausch lädt zum Kaffee und Kuchen mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern ein. Und warum es ohne Fledermäuse keinen Tequila gibt? Na, weil sie die Agaven bestäuben, aus denen der Schnaps hergestellt wird. Zu lernen gab es beim Tag der offenen Tür so viel, dass der Wunsch nach einer Wiederholung laut wurde.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: