Seefelder Bürgerdialog:"Ortsentwicklung ist kein Wunschkonzert"

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Susanne Bauer vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München erläutert die Schritte des Verfahrens. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Beim Auftakt der Veranstaltungsreihe dämpfen die Planer allzu forsche Erwartungen

Von Christine Setzwein, Seefeld

Von Politikverdrossenheit kann an diesem Abend keine Rede sein. Um die 200 Oberaltinger, Seefelder, Hechendorfer, Uneringer, Drößlinger und Meilinger sind am Mittwochabend in den Bürgerstadel Hechendorf gekommen, um beim Auftakt des Bürgerdialogs zur Zukunft der Gemeinde Seefeld dabei zu sein. Sie wollen informiert werden und mitreden können, wie sich ihre Gemeinde entwickelt.

Doch zunächst steht eher trockene Materie auf dem Programm. Susanne Bauer und Oliver Prells vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München sowie Anni Schlumberger und Daniela Bilić vom Büro Hit (Human IT Service GmbH) stellen Zahlen und Daten zu Seefeld vor und erläutern, wie Bürgerdialog funktioniert. Und dämpften allzu hohe Erwartungen: "Die Bürgerbeteiligung kann die Planungshoheit der Gemeinde nicht ersetzen", sagte Bauer. Sie soll die Entscheidungen des Gemeinderats beeinflussen, ergänzen und unterstützen. Und der zweite Hinweis: "Ortsentwicklung ist kein Wunschkonzert." Nach eineinhalb Stunden durften die Besucher zu Kärtchen und Stift greifen und auf große Tafeln heften, wo für sie die Stärken und Schwächen der Gemeinde liegen. Rot für Schwäche, grün für Stärke. Am schnellsten füllte sich die Tafel zum Thema Verkehr - alles rot. Vor allem die fehlende Barrierefreiheit am S-Bahnhof Hechendorf wird moniert, mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren, sei viel zu gefährlich, und es fehlten Fahrradschutzstreifen. Den Bürgern fehlen bezahlbare Wohnräume, ein Jugendhaus und öffentliche Spielplätze in Hechendorf und größere Veranstaltungsräume. Aber auch Lob gab es: für das Niveau der Kultur im Schloss Seefeld, für die sehr gute Vereinsarbeit, für die tollen Nachbarschaftshilfen und die hohe Lebensqualität durch das viele Grün in der Gemeinde. Das Hit-team wird alle Beiträge in den nächsten Tagen digitalisieren und auf die "Pinnwand" der Homepage www.ortsentwicklung-seefeld.de gestellt.

Ausgewertet werden alle Anregungen und Einwände vom 20-köpfigen Lenkungskreis, dem Gemeinderäte, Rathausmitarbeiter, das Planungsteam und Vertreter der Bürgerschaft angehören, die unterschiedliche Interessensgruppen und Belange repräsentieren wie Jugendliche und Senioren, Natur-/Landschaftsschutz, Vereine, Kirchen, Gewerbe und Landwirtschaft.

Bis 16. September können und sollen sich die Bürger zu Wort melden, ob online, per Postkarte oder per Mail. Im Oktober finden dann drei Ortsteilveranstaltungen statt, bis November soll die Bestandsanalyse der Stärken und Schwächen von Seefeld abgeschlossen sein. "Dann gibt es eine Wahlkampfpause", sagte Bauer. Nach der Kommunalwahl geht es weiter mit der Erarbeitung von Leitzielen und Entwicklungsszenarien, im Sommer soll ein städtebauliches Entwicklungskonzept entstehen und voraussichtlich im Herbst 2020 soll ein Maßnahmenkatalog stehen.

Wo die Herausforderungen bestehen werden, machte Oliver Prells anhand der Statistik deutlich. Danach steigen zwar die Einwohnerzahlen, aber es werden weniger Kinder, dafür immer mehr Senioren in Seefeld leben. Mehr als 70 Prozent des Wohnraums sind Einfamilien- und Doppelhäuser, aber ältere Menschen brauchen weniger Platz und eine andere soziale Infrastruktur, so Prells. Wo und wie viel noch bebaut werden kann in der knapp 7500 Einwohner zählenden Gemeinde, wird eine der Hauptfragen sein. Ob sich Seefeld überhaupt noch etwas leisten könne angesichts leerer Kassen, fragte ein Besucher an. Eine Antwort darauf könne es noch nicht geben, sagte Bauer. Wie dem auch sei: "Gut, dass sich was tut", meinte TQ Systems-Chef Detlev Schneider.

© SZ vom 12.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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