Seefeld:Zehn Jahre - und ein bisschen länger

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Hier hat er es schwarz auf weiß: Auf der Urkunde gratulieren die Gemeinderäte zum Dienstjubiläum. (Foto: Georgine Treybal)

Gaudibursch, Mediator, Bürgermeister: Wolfram Gum ist nun seit einem Vierteljahrhundert im Amt

Von Patrizia Steipe, Seefeld

Zehn Jahre und einen Tag, länger wollte Wolfram Gum nicht Bürgermeister sein. "Dann hätte ich eine Pensionsberechtigung gehabt - und noch ein wenig als Anwalt gearbeitet", sagt er. Doch aus dem Plan ist nichts geworden. Heuer feiert Gum sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Aus dem mit 34 Jahren "jüngsten hauptamtlichen Bürgermeister" ist im Laufe der Zeit einer der erfahrensten hauptamtlichen Bürgermeister Bayerns geworden.

Damals war es mehr oder weniger Zufall, dass Gum von der CSU zum Kandidaten für den Rathausjob ausgewählt worden war. Die FDP-Frau Ingeborg Bäss hörte aus Altersgründen auf. Der CSU fehlte ein Kandidat aus den eigenen Reihen und so kam sie auf Gum. Der wohnte damals zwar in München, wo er als Jurist bei einer Versicherungsgesellschaft gearbeitet hatte, stammte aber aus einer Seefelder Familie und konnte sogar als Geburtsort "Hechendorf" angeben.

"Moosröschen habe ich vor dem Supermarkt verteilt", erzählte Gum und er sei von Haus zu Haus getingelt. Mit seiner frisch-fröhlichen Art konnte er punkten und gewann auf Anhieb im ersten Wahlgang. "Hart war es am Anfang", erinnerte er sich. Seine lausbubenhafte Art, die ihm Presseartikel als "lustigster Bürgermeister Deutschlands" eingebracht hatte, gefiel nicht jedem. Die Gemeinde war hoch verschuldet, hatte die größte Pro-Kopf-Verschuldung im Landkreis Starnberg, es gab offene Gerichtsverfahren und Gewerbetreibende, die mit Abwanderung drohten. Die Lage war ernst, der Bürgermeister nicht.

Sein Humor und seine Gabe, sich blitzschnell auf sein Gegenüber einzustellen, stellten sich als großer Vorteil heraus. Gum mag es harmonisch, er ist der geborene Mediator, dem es oft gelingt, auch verzwickte Verhandlungen zu einem guten Ende zu bringen. Als Jurist weiß er, dass alles besser ist, als vor Gericht zu landen, "da weißt du nie, wie es ausgeht und du hast immer einen Verlierer". "Aufeinander zugehen", lautet seine Maxime. Je grantiger, wütender und enttäuschter ein Bürger ist, umso größer ist für Gum die Herausforderung, die Wogen zu glätten. Er kann gut zuhören, sich in die Gemütslage anderer Menschen versetzen und er schafft es mit seiner schlagfertigen Art Situationen zu entkrampfen. "Den anderen nie das Gesicht verlieren lassen", lautet ein weiterer Ratschlag. Wer allerdings glaubt, dass er mit dem unkonventionellen Gaudiburschen Schlitten fahren kann, der täuscht sich. "Ich fange keinen Krieg an, ich will aber auch keinen verlieren", sagte er, der durchaus auch laut werden kann.

Gewonnen hat er jedenfalls an Gewerbesteuern. TQ Systems, Petermann, 3M Espe konnten vom Standort Seefeld nachhaltig überzeugt werden. Bei Codello ist es nicht gelungen, auch geschickteste Verhandlungen können keine Gewerbeflächen herbeizaubern. Seit zehn Jahren ist Seefeld schuldenfrei und damit das so bleibt, setzt Gum bei jeder Haushaltsberatung seinen Plüsch-Pleitegeier auf den Rathaustisch. Seine Kritiker finden so etwas kindisch. Auch die allzu große Nonchalance, mit der manche Themen abgehandelt werden, die schnellen Entscheidungen auf Kosten ausführlicher Diskussionen, werden Gum negativ angekreidet. Ein großes Problem sind derzeit die vielen Asylsuchenden, die Seefeld unterbringen muss. Vor Schloss Seefeld wird ein großes Zelt aufgestellt werden und vor dem Bürgerstadl eine Containersiedlung aufgebaut. Es sind die einzigen Momente, in denen Gum nicht mehr lacht. "Hier sind wir alle gefordert und müssen zusammenstehen", sagte er.

Dieses Mal wird definitiv seine letzte Amtszeit sein, betonte Gum. Mit 65 Jahren möchte er aufhören, "noch ein bisserl Anwalt spielen", sich um seine Frau Petra, Lehrerin in Seefeld, und die beiden Kinder im Teenageralter kümmern, Garteln und seinen beiden Leidenschaften, der Rockgitarre und dem Zeichnen, mehr frönen. Er könnte theoretisch aber noch bis 67 Jahren kandidieren, erklärte Gum in einem Ton, der an der Endgültigkeit seiner Entscheidung zweifeln lässt.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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