Seefeld:Vernagelt

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Max Wagner und Christofer Kochs zeigen in ihrer gemeinsamen Ausstellung in Seefeld Selbstexperimente an Tonbüsten und "Raumzeichnungen" auf hölzernem Untergrund

Von Katja Sebald, Seefeld

Der Künstler Max Wagner hat sich das Gesicht bemalt und beschrieben. Er hat sich die Augen verbunden und eine Bandage um den Hals gelegt. Er hat Gusskanäle an seinem Kopf angebracht, um durch einen Trichter sein Gehirn zu befüllen. Und er hat sich Hunderte von Nägeln in den Schädel gerammt. Glücklicherweise hat der Bildhauer all diese Selbstversuche nur an einer Tonbüste seines Kopfes vorgenommen. Bedauerlicherweise aber sind nur zwei seiner "Self Experiments" in der gleichnamigen Ausstellung in der Kunsthalle Schloss Seefeld zu sehen. Die übrigen Arbeiten und erst recht die "Raumzeichnungen" des zweiten ausstellenden Künstlers, Christofer Kochs, wollen sich nicht so recht in diesen Titel fügen, der doch einige Erwartungen schürt.

Max Wagner, 1956 in Straubing geboren, studierte Bildhauerei bei Erich Koch an der Akademie der Bildenden Künste in München und erreichte vor allem als Portraitist überregionale Bekanntheit. Zu seinen berühmtesten Werken gehören die lebensechte Bronzefigur von Sigi Sommer in München und das Denkmal für Oskar Maria Graf in Aufkirchen. Seit vielen Jahren entstehen aber auch Plastiken, Zeichnungen und druckgrafische Arbeiten, die stark von afrikanischer Kunst beeinflusst sind. Ein weiteres bestimmendes Element im Werk von Max Wagner sind zeichenhafte Formen, die er zu Phantasieschriften anordnet. Auch in der aktuellen Ausstellung steht den Selbstportraits gleichsam programmatisch ein zunächst gesichtsloser und archaisch anmutender Kopf gegenüber, dessen Oberfläche mit solchen kryptischen Buchstaben bedeckt ist - fast so, als wundere sich der selbstexperimentierende Künstler über die immer wiederkehrenden Themen. Die erste Begegnung mit afrikanischen Masken im Kunstunterricht am Gymnasium bezeichnete Max Wagner einmal als eines der Schlüsselerlebnisse für seinen späteren Werdegang. Mittlerweile setzt er sich nicht nur mit der Formensprache der sogenannten "primitiven" Kunst auseinander, sondern thematisiert in einem hochformatigen Wandobjekt auch die Aufteilung des afrikanischen Kontinents durch die Kolonialmächte: Auf eine Reihe von Kopfformen wurde der Text eines afrikanischen Liedes aufgebracht, der mit "Ils ont partagé le monde" beginnt. Großformatige Linolschnitte und ein Wandrelief greifen hingegen noch einmal das Thema der nicht entzifferbaren Phantasieschriften auf.

Christofer Kochs wurde 1969 in Osnabrück geboren, er studierte bei Gerhard Berger an der Akademie der Bildenden Künste in München. Die wenigen Arbeiten, mit denen er die Ausstellung in Seefeld ergänzt, gehören zum Werkkomplex der "Raumzeichnungen". Der ursprünglich von Malerei und Druckgrafik kommende Künstler bewegt sich hier im Grenzland zwischen Zwei- und Dreidimensionalität. Die hölzernen Bildflächen werden durch unterschiedlich tief eingeschnittene Furchen strukturiert, oder sie setzen sich aus einer Vielzahl von Holzwürfelchen in verschiedenen Größen zusammen. Ein solchermaßen präparierter, ausgesprochen widerspenstiger Bildgrund dient dann als Ausgangspunkt für meist figürliche und zurückhaltend farbige Malerei. Ihren Reiz gewinnen die reliefartigen Bildobjekte durch den Kontrast zwischen der grob mit der Kettensäge bearbeiteten Fläche und den zarten, beinahe poetischen Motiven. Die Bilder werden auf flache Holzkästen aufgebracht und erfahren dadurch eine zusätzliche Ausbreitung in den Raum hinein.

Die Ausstellung "Self Experiments" ist bis zum Sontag, 14. Februar 2016, jeweils donnerstags bis sonntags von 13 bis 18 Uhr zu sehen.

© SZ vom 09.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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